Re: Deutschsprachige Musik

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nail75

Registriert seit: 16.10.2006

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Sonic JuiceDas habe ich mir fast gedacht, dass die kommen. Aber gerade Brel ist ein halt Chansonnier, dessen Werk nach meiner Wahrnehmung nur ganz geringe Berührungspunkte zum US- und UK-Pop-/Rock aufweist. Bei Gainsbourg und Hardy mag es schon mehr Anverwandlungen geben. Wenigstens hast Du Piaf nicht genannt. Im übrigen sind alles auch nicht mehr die jüngsten bzw. die lebendigsten.

Der klassische französische Chanson ist für mich, wie oben bereits geschrieben, eine ganz typische Stilrichtung, die aus sich heraus lebt (ohne zwingende Bezüge zum Rock’n’Roll) und die man mit einem Volk und Landstrich verbindet – so wie den Beat mit der Insel, den Fado mit Portugal, den Bossa Nova mit Brasilien und den Tango mit Argentinien. Eine solche eigenständige lebendige Tradition und Stilistik nationaler Popularmusik, auf die man wie selbstverständlich zurückgreifen und sie fortentwickeln kann, sehe ich aber in Deutschland gerade nicht. Da helfen auch die mehr oder weniger plumpen Versuche eines Achim Reichel nicht, der das Volkslied wiederbeleben will.

Nein, das sehe ich anders. Die Berührungspunkte sind groß, schon weil der Musikstil sich letztlich doch sehr ähnelt und zahlreiche gegenseitige Einflussnahmen offensichtlich sind, im Falle von Brel bezieht sich das u.a. auf Scott Walker. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, da besondere stilistische Barrieren zu erkennen.

Dem Rest kann ich zustimmen, die Gründe haben wir ja bereits herausgearbeitet, auch wenn man die Frage nie wirklich beantworten kann.

Ja, die Texte – schwierige Frage…Ich bin kein Sprachwissenschaftler, aber die englische Sprache ist in ihrer Grundstruktur relativ einfach, auch wenn sie sehr komplex ist, wenn man sich näher mit ihr beschäftigt. Wenn man sich auf die einfachen Elemente beschränkt, dann kann man zahlreiche Reime bilden wie:

I am so much in love
With the girl from above
I watched her tonight
She makes me feel right
I want to hold her tight
So I pray every night
That she will end my plight

und so weiter

Ganz schlimm, ich weiß, aber in 2 Minuten „gedichtet“. Ich behaupte mal, dass das im Deutschen nicht geht, der Sprachrhythmus ist völlig anders. Außerdem gibt es im Englischen so viele, wenn auch banale Reime, dass man sehr viele Möglichkeiten der Kombination hat. Zudem funktionieren die Bilder im Deutschen nicht. Man stelle sich ein Liebeslied vor, in dem der Sänger betet – das geht gar nicht. Im Englischen macht das Wenigen etwas aus, auch wenn das Bild noch so ausgelutscht ist.

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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.