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Herr RossiEs gibt natürlich genügend Beispiele dafür, wie englischen Popsongs in der deutschen Version der Zahn gezogen wurde. „Mama“ von Roy Orbison ist dafür ein gutes Beispiel: Kein wichtiger Song, aber in der englischen Fassung klassischer Orbison-Stoff. Für die deutsche Version wurden Text und Arrangement so zugerichtet, dass es sich geradezu penetrant als Muttertagsgeschenk andient. Hat allerdings kein großes Interesse gefunden, die Mütter wollten lieber Heintje.
Dagegen „Wenn ich ein Junge wär“: Keine Coverversion, sondern eine originäre Komposition und Produktion für den deutschen Markt und ein toller Popsong. Meinetwegen auch Schlager, aber einer, der textlich an den freisinnigen Geist der 20er Jahre anknüpfte mit einem Sound, der in die Zeit passte. Gleiches galt auch ein Jahr zuvor für „Heißer Sand“ von Mina (das wiederum in der englischen Version von Lesley Gore seinen Reiz weitgehend einbüßt, vor allem textlich). Es gibt so ein paar wirklich große Momente im deutschen Schlager der 60er und frühen 70-er, Pinch nannte ja auch schon ein Beispiel.
Diese Beispiele sind natürlich nicht „zeitlos“, man hört ihnen ihr Alter an. Aber als Zeitdokument und Lied finde ich etwa „Der Computer Nr. 3“ von France Gall hundertmal charmanter und pop-adäquater als beispielsweise Wolf Maahns „Rosen im Asphalt“ (nur zur Erinnerung, das reimte sich auf „… in dieser sauren Regenzeit …“), weil es nicht mit der Prätention des „ich bin ein echter Rocker und habe eine Botschaft“ einherging. Und genau da liegt das Problem mit CTTEs Beharren auf „R-O-C-K“, der angeblich grundsätzlich unvergleichbar, nämlich wichtiger und künstlerisch bedeutender sein soll als irgendwelcher Schlager.
Auch ein blöder Vergleich, weil Deutsch-Rock ungleich Deutsch-Pop. Wenn Mikko einen WSH-Manchester oder Travis auf deutsch-Vergleich ablehnt, ist ein Vergleich von France Gall mit Wolf Maahn schlicht lachhaft.
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"Man kann nicht verhindern, dass man verletzt wird, aber man kann mitbestimmen von wem. Was berührt, das bleibt!