Re: Deutschsprachige Musik

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nail75

Registriert seit: 16.10.2006

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atomIch mag z.B. „Monarchie und Alltag“, einiges von Tocotronic, Blumfeld bis einschließlich „Old Nobody“, „Gefährliches Halbwissen“, „Zwei“, etc.

PS: Ich eifere dem Listenlayout Doebelings (INTERPRET – Albumtitel * * * * *) nach, weil es für mich sehr übersichtlich ist. Die anderen aufgeworfenen Fragen, die dir offensichtlich wirklich unter den Nägeln brennen sind besser in einem eigenen Thread aufgehoben.

Danke für die Antwort. Ist ja nicht unbedingt eine besonders umfangreiche Liste, aber immerhin…

Es ist jedenfalls mal erfreulich, dass Du deutschsprachige Musik nicht gänzlich ablehnst. Insofern nehme ich meine diesbezügliche Kritik an Dir zurück. Gleiches gilt entsprechend für alle anderen, die sich so geäußert haben. Vielleicht irre ich mich ja wirklich und ihr hört auch häufig deutschsprachige Musik. Im Forum ist darüber fast nichts zu finden (vielleicht mit Ausnahme von kramer), insofern ist es nicht überraschend, dass der Eindruck bei mir entstanden ist, ihr folgt in dieser Hinsicht streng der Doebelingschen Orthoxdoxie.

Sonic JuiceWD hat in seinem DJ-Thread schon ausführlicher erklärt, warum ihm persönlich deutschsprachige Popmusik in aller Regel nichts gibt. Aufschlussreich dazu ist auch das Interview im TIP von anno 1999, wo er seine Auffassung sehr plausibel erläutert, ohne zugleich alle deutschsprachige Musik qualitativ über einen Kamm zu scheren.

Gerade in Sachen deutscher Musik kann aus Wolfgangs Sicht der Dinge m.E. nun wirklich nicht pauschal auf die Rezeption diverser anderer Forumsmitglieder geschlossen werden. Dass ausgerechnet eine neue Lindenberg-Platte, die selbst von dessen Bewunderern nicht als Highlight seiner Karriere gewertet wird, nun Anlass zur heiligen Inquisition gegen Wolfgangs Musikverständnis gibt, finde ich, gelinde gesagt, albern.

Das Interview ist toll, vor allem die Verwendung des Wortes „teutonisch“, das verdeutlicht, dass die Nicht-Rezeption deutscher Musik von seiner Seite aus durchaus mit seiner politischen Einstellung und vor allem seiner Bewertung deutscher Kultur als Ausdruck eines deutschen Lebensgefühls zusammenhängt. Das bereitet ihm offensichtlich großes Unbehagen, was nicht ganz untypisch für seine Generation ist, gerade wenn sie sich als politisch links versteht oder verstanden hat.

Einerseits ist das angesichts der Instrumentalisierung deutscher Musik durch die Nazis kein Wunder, andererseits empfand er offensichtlich auch die deutschen Vertreter des Rock’n’Roll in den 1950ern als schlecht, obwohl sie für jungen Menschen in dieser Zeit eine wichtige Rolle als Ausdruck einer nicht-angepassten Jugendkultur spielten, die sich von den „Grün-ist-die-Heide“-Erwachsenen abgrenzte. Mit anderen Worten: Das Interview legt nahe, dass es hier weniger um die Qualität der Musik geht, sondern um die Abneigung gegenüber spezifisch deutschen Meinungsäußerungen, die sich ja auch auf Fußball, Politik u.ä. erstreckt.

Außerdem geht es ja nicht um Musik, die irgendwo entsteht, sondern um Musik, die in Deutschland entsteht, in dem Land, in dem WD arbeitet, lebt und in dessen Sprache er schreibt. Es muss ja wirklich ganz außergewöhnliche Gründe haben, wenn er alle Bewegungen, die musikalisch in diesem Land erfolgen, ignorieren oder verdammen will.

Das ist freilich nur eine Interpretation.

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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.