Re: BOB DYLAN Bootleg Series 5 !!!

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b-b-grunt

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Und nun der Versuch eines Fazits …

Es gibt Plattenaufnahmen die Kunstwerke sind, und es gibt Auftritte von MusikerInnen die ebenfalls zum dem gehören, das man so unter dem Begriff darstellende Kunst subsumiert. Aber wie verhält es sich nun mit den Aufnahmen solcher Auftritte. Ist, angenommen man dürfte sie photographieren, ein Polaroid-Photo der Mona Lisa Kunst? Wohl kaum und ich bezweifle dass irgendjemand durch so ein Photo von der Größe und Schönheit des Bildes beieindruckt sein könnte. Andererseits, wenn man das Bild kennt, ist es doch schön auch nur eine (wenngleich vollkommen unzlängliche) Reproduktion des Unreproduzierbaren zu besitzen. Und auch wenn man das Bild im Original nicht kennt, trotzdem aber Leonardo da Vinci gewogen ist, macht es Sinn sich ein solches Photo an die Pinwand zu heften. Für jemanden der mit Leonardo nichts anfangen kann, wird ein solches Photo aber vollkommen sinnlos sein. Ähnlich verhält es sich glaub ich mit den Bootleg Series. Für KennerInnen des Dylan-Werkes kann eine solche Live-Aufnahme ganz aufschlussreich sein oder neue Seiten an einem Lied offenbaren, nach der Attraktivität des Werkes als solchem (ohne Kontext) gefragt würd ich sie aber nicht allzuhoch einschätzen …. möchte ich schreiben, und schon stock ich. Denn Live 1966 wäre für mich auch wenn es sonst kein einziger Ton von Dylan je auf Band gespeichert worden wäre, eine ganz große Scheibe. Also stimmt meine Theorie im Großen doch nicht, aber immerhin für die aktuelle Bootleg Series Scheibe trifft sie zu.

Insofern sind die Aufnahmen für mich ein gutes Hilfsmittel Einblick in eine bestimmte Schaffensperiode eines von mir geschätzen Künstlers zu erhalten. Das gelingt teilweise, auch wenn für mich für den runden Blick (wie dock schon geschrieben hat) die Beiträge der anderen KünstlerInnen dieser Tournee fehlen, die die Rolling Thunder Revue erst zu dem gemacht haben was sie war. Die Duette mit Baez gefallen mir ausgezeichnet (ich mag ihren altmodischen Gesangsstil) und die Desire-Sachen klingen frisch und unverbraucht. Die Solo-Stücke fallen für mich ab, wobei Simple Twist Of Fate die glorreiche Ausnahme (und die beste Nummer dieser Scheibe(n)) ist. Insgesamt gehen also die **** in Ordnung und Platz 3 in der Dylan Live Liste ist gesichert (nach Live 1966 und Hard Rain), wobei da ja die Konkurenz nicht allzu groß ist. Empfehlenswert ist die Platte für alle die Dylan mögen und bereits ein bisschen etwas (oder auch mehr) von ihm kennen. Für Einsteiger macht es wahrscheinlich viel mehr Sinn sich Blonde on Blonde, Blood On The Tracks, Desire ….. un wie sie alle heißen zuzulegen.

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If you dance, you might understand the words better. David Byrne