Re: Real, virtuell, optional? – Was ist eine offizielle Veröffentlichung?

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mojoclub

Registriert seit: 07.08.2007

Beiträge: 1,493

mir scheint, dass es sich bei dieser diskussion gar nicht so sehr um den terminus veroeffentlichung dreht, sondern vielmehr um eine fuer meine generation voellig neue situation, naemlich der, wie man in zukunft mit musik umgeht.

seien es neue vertriebswege, ob mit oder ohne verlag; einer konservativen vorgehensweise wie vertragabschliessen, produktion in einem studio, produkt auf einem physikalischen datentraeger herstellen, bewerben und ueber plattenlaeden anbieten; oder allein der entscheidung, ab wann es sich um ein professionelles projekt oder nur um ein hobby handelt.
ich will dabei gar nicht ausschliessen, dass ich selbst beruehrungsaengste habe. aber diese diskussion ignoriert voellig die sichtweise der kuenstler und will nur die interessen des konsumenten beruecksichtigen, damit diese sich zurechtfinden und ihre ordnungskriterien nicht ueber den haufen schmeissen muessen.

fuer mich bedeutet veroeffentlichung: ein werk der oeffentlichkeit zugaenglich machen, und zwar potentiell allen und nicht nur einem kleinen ausgewaehlten kreis, die zugaenglichmachung bedarf der einverstaendniserklaerung des kuenstlers. fertig.

die entscheidung, ob ein kuenstler den kleinen weg waehlt, sich einem begrenzten personenkreis zugaenglich machen moechte, oder ob er eine regionale oder gar eine internationale verbreitung anstrebt, steht auf einem ganz anderen blatt papier. fuer diese interessen sind die verlage zustaendig. ab diesem moment gibt es natuerlich kommerzielle interessen, weil eine groessere anzahl an menschen damit ihren lebensunterhalt verdienen.

bei der definition `veroeffentlichung´ geht es aber meiner meinung nach um juristische und meinetwegen philosophische werte. ab wann ist ein werk existent, ab wann ist der kuenstler mit einer veroeffentlichung einverstanden (stichwort: signatur bei gemaelden, hier gibt es seit jahrzehnten rechtstreite von kuenstlern, deren werke unsigniert auf dem markt aufgetaucht sind, und als nicht veroeffentlicht gelten, weil es der kuenstler nicht wollte.), und ab wann wird ein werk von der oeffentlichkeit wahrgenommen?

nur rieche ich hier in dieser diskussion auch noch den kleinen vorwurf, dass nur allein die interpreten, die eine moeglichst weite verbreitung anstreben auch diskussionswuerdig sind, waehrend der rest doch gar nicht zur debatte steht.
ich erinnere hier nur noch einmal an die interpreten der seatle szene in den achtzigern und dem new york anti folk. deren frueheste veroeffentlichungen auf tape oder cd sind mittlerweile gesuchte objekte bei sammlern. obwohl die auflagenzahl gering war.

und auch die musiklandschaft um 1940 in den usa hatte damals massive probleme im streit der ascap mit den radiostationen. zwar wurde vieles veroeffentlicht, aber nur die werke der ascap auch gesendet. damals ist praktisch alles, das nicht ueber radio zu hoeren war, nicht bekannt geworden. waren das dann alles keine veroeffentlichungen, nur weil nicht gesendet? oder waren das alles nur hobbymusiker?

und gerade die hoerer, die sich fuer roots-musik interessieren, sind auch auf der suche nach solchen perlen, oder nicht? ;-)

damit verabschiede ich mich nun wirklich aus dieser diskussion, weil ich alles noetige dazu gesagt habe.

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