Re: Wir sind Helden – Die Reklamation

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herr-rossi
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So, hier kurz die ganze Wahrheit über „Die Reklamation“:

Einige Monate lang hatte ich eine erhebliche Schwäche für Judith Holofernes und dieses Album. Einige Songs nervten schon damals (Ist das so?, Heldenzeit), aber hier gelang doch ein kleines einheimisches Pop-Wunder, wie ich es nicht für möglich gehalten hatte (jedenfalls jenseits von Fischmob, 5 Sterne Deluxe u.a.) Die Helden pflegten altmodische linke Werte ohne den theoretischen Überbau der Hamburger Schule, aber auch ohne die Plattheit, die vieles von den Toten Hosen so ungenießbar macht (neben einigen anderen Aspekten ;-)). Das ungenierte „Ca plane pour moi“-Rip-Off „Guten Tag“, „Müssen nur wollen“, „Rüssel an Schwanz“ und „Monster“ sind schon gediegen-zickige Ohrwürmer mit einigen Bonmots, die haften bleiben. Das gilt erst recht für „Aurelie“, ein Schlager so unterhaltsam und charmant wie einst France Galls „Ein bißchen Goethe, ein bißchen Bonaparte“.
Ein wunderbares Lied ist immer noch „Denkmal“. Wie hier eine Metapher mit Leben und Anschauung und Witz gefüllt wird und dabei völlig unangestrengt bleibt, Hut ab. Sehr berührend ist „Du erkennst mich nicht wieder“, wie der Song zum Schluss mit Lärm geschreddert wird, das hat Klasse und ist weit weg von aller Annett Louisan-Gemütlichkeit. (Hab ich jetzt genügend andere deutsche Künstler gedisst?)
Die Wahrheit ist auch, dass mir Wir sind Helden danach sehr schnell gleichgültig wurden. Ich weiß nicht, ob die beiden letzten Alben gut waren oder nicht. Sie hatten ihren Moment und so behalte ich sie in Erinnerung. ***1/2

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