Re: Ultravox

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castles-in-the-air

Registriert seit: 09.04.2005

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Herr RossiDas wird hier ja noch der Kuschelthread für Elektro-Nostalgiker ;-)

Von mir aus gerne.

Wusstest Du übrigens, dass Sarah Blackwood mittlerweile die Sängerin von Client (veröffentlichen ihren Elektropop auf Andrew Fletchers Label Toast Hawaii / Mute) geworden ist? Sehr viele, die sich sonst sehr gut auskennen, haben das gar nicht bemerkt, was auch daran liegt, dass Sarah ihre Vergangenheit bei Dubstar in Interviews eher verschweigt (wozu es ja gar keinen Grund gibt).

Noch ein paar Worte zum Titelgeber dieses Threads. Vor etwa einem Jahr gab es ein ausführliches Interview mit Midge Ure, in dem er sich auch zu Ultravox und seiner Rolle in der Band äußert (ist ja etwas, worüber hier in den vergangenen Tagen durchaus diskutiert wurde). Ich poste jetzt mal nicht das komplette Interview, sondern nur die vier Fragen zum Thema Ultravox:

Als du 1980 Mitglied bei Ultravox wurdest, hat das dazu geführt, dass die Band sehr viel erfolgreicher wurde. Fandest du es etwas ärgerlich, dass manche Fans selbst da noch der Meinung waren, dass der erste Ultravox-Sänger John Foxx eigentlich nicht zu ersetzen ist?

Midge: Solche Gedanken habe ich mir nie gemacht. Ich war ja ein Fan von Ultravox bevor ich ihr Sänger wurde und habe Ende der 70er als DJ im Blitz-Club sogar ihre Songs gespielt. Als ich dann zu Ultravox kam, war es bestimmt nicht mein Bestreben, die Band zugänglicher oder kommerzieller zu machen. „Vienna“ war ja nie ein kommerzieller Song. Heute sagen die Leute natürlich, dass das ein Hit werden musste, aber 1980 konnte man damit kaum rechnen. Der Song war ziemlich lang, hatte in der Mitte ein Violinen-Solo und diesen hypnotischen Rhythmus. Eigentlich war er das genaue Gegenteil dessen, was sonst damals populär war, aber vielleicht war genau das der Grund, weswegen „Vienna“ ein Hit wurde. Vielleicht wurden Ultravox erfolgreicher nachdem ich in die Band kam, aber mit mir hatte das nur am Rande zu tun, es war die Kombination dieser vier Leute. Die Chemie zwischen uns stimmte einfach.

Trotzdem wirkte es so, dass du nach deinem Eintritt bei Ultravox sofort zum Boss der Band wurdest.

Midge: Auch das stimmte nicht, obwohl es vielleicht für einige Leute so ausgesehen hat. Ich war keineswegs der Anführer der Band, sondern nur Teil eines demokratischen Bandgefüges. Besonders in meinen ersten Jahren bei Ultravox wurden ja auch alle Songwriter-Honorare gleichmäßig aufgeteilt. Davor war es so, dass John Foxx 50 Prozent für sich reklamierte und die Band den Rest bekam. Ich bestand dann darauf, dass wir alle gleich beteiligt werden sollten, um Streitereien wegen des Geldes von vornherein zu vermeiden. Mag sein, dass meine Rolle dann später etwas stärker wurde, aber das hatte in erster Linie damit zu tun, dass ich meine eigenen Texte singen wollte und nicht die Texte von jemand anderem.

„Vienna“ ist für mich ein echtes Meisterwerk. Was meinst du, warum dieses Album fast nie genannt wird, wenn Musikmagazine mal wieder die besten Alben der 80er wählen?

Midge: Das kann ich nur in Bezug auf die Musikpresse in Großbritannien beantworten. Von denen wurden Ultravox wirklich gehasst. Selbst vor meiner Zeit bei Ultravox las ich Kommentare, dass diese Band von irgendjemandem zusammengestellt wurde, was natürlich Quatsch war. Und dann kam ich auch noch dazu, und das obwohl ich zuvor bei einer Popband gewesen war, die in einem Atemzug mit den Bay City Rollers genannt wurde. Wie konnte ich es da nur wagen, mich einer elektronischen, experimentellen New-Wave-Punkband anzuschließen! Dafür hat uns die Presse einfach gehasst, ich habe nie wieder so schlechte Besprechungen gelesen wie damals. Vielleicht lag es ja daran, dass „Vienna“ nicht die Wertschätzung erfahren hat, die es verdient gehabt hätte.

Von einer Ultravox-Reunion war in den vergangenen Jahren komischerweise nie die Rede.

Midge: Es gibt Phasen, da denkt man schon mal kurz daran. Es gab ja gute Gründe, weswegen Ultravox gerade am Anfang meiner Zeit dort so gut funktionierten. Wir hatten weder Geld noch eine Plattenfirma, sondern spielten einfach nur Musik. Wir beschafften uns irgendwo das Geld und gingen dann direkt in den Proberaum, um die Songs zu schreiben. Das war eine wirklich großartige und aufregende Zeit, aber es gab eben auch Gründe, weswegen Ultravox sechs Jahre später dann nicht mehr funktionierten. Das „U-Vox“-Album war ja sehr undiszipliniert und ein ziemliches Durcheinander. Die Songs waren einfach zu unterschiedlich, wir hatten unseren Fokus verloren. Es gab also einen Grund, weswegen wir uns trennten. Warum sollte man dann fast 20 Jahre später wieder etwas zusammen machen? Ich halte das für keine gute Idee, denn wenn man das tut, dann wird man schnell merken, dass all die Probleme und Kämpfe, die Mitte der 80er zur Trennung geführt hatten, nach wie vor da sind. Ich kann darin keinen Sinn erkennen. Die meisten Bands schließen sich wieder zusammen, weil sie das Geld brauchen, aber bei Ultravox ging es nun mal immer um die Musik.

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