Re: Muetis Review-Ecke

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mueti

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Und schon gibt gibt es Besprechung Nummer Zwei; wie man sieht habe ich auf die Bewertung zwar nicht verzichtet, sie aber immerhin eine Stufe kleiner gemacht. :lol:


Les Rallizes Dénudés – ’77 Live

Vorab – Original wird man dieses Album kaum finden; man muss sich wohl oder übel mit einem Download begnügen. Desweiteren sind alle Alben von Les Rallizes Dénudés prinzipiell mehr oder weniger offizielle Bootlegs. Wenn jemand meint, dass das – und die damit einhergehende rohe Aufnahmequalität – ihn/sie stören würde, ist man hier an der falschen Adresse, es wird psychedelischer Noise-Rock der rauesten Art geboten. Noise-Rock wie er besser nur selten gemacht wurde – und selten ist hier lediglich als eine Art Disclaimer zu betrachten, die Band ist nämlich mein unangefochtener Favorit in dem Genre.
Dieses Live-Album von 1977 ist ihr Meisterwerk. Es handelt sich um eine Doppel-CD mit insgesamt 7 Songs und einer Länge von etwas mehr als 90 Minuten. Eher ruhig fängt es mit „Enter the Mirror“ an, dass einen aber sofort auf subtile Weise gefangen nimmt. Die kaum verständlichen Vocals sind bald zum ersten Mal zu vernehmen, die Gitarren halten sich von der Lautstärke her die meiste Zeit noch zurück, fangen nur selten das Kreischen an – und die ersten grandiosen Basslinien werden angestimmt, ein Markenzeichen der Band. Die Stimmung wird langsam hochgeschaukelt; noch ohne zu kippen… Und dass es etwas Großes ist, was auf einen zukommt ist sehr schnell unverkennbar. Auch für sich ist der Opener schon ein umwerfender Song – um mal zu untertreiben – doch wenn man meint, dass dieser Anfang nicht mehr getoppt werden kann, wird dessen volle Wirkung erst richtig klar – wenn man nämlich von Track Nummer zwei, „Yoru, Ansatsusha no Yoru“, vollends in den psychedelischen Abgrund gestoßen wird. Laut, hypnotisch, mitreißend und einfach unglaublich gut. Das Ziel immer im Blickfeld lässt man sich fallen. Und nach ein paar Sekunden, oder spätestens Minuten, fühlt man sich wohl beim Sturz, alle Kanten und Ecken ergeben einen Sinn, man fragt sich wann und wie man wohl das nächste Mal überrascht wird – und so geht es weiter, schwache Momente wird man hier nicht finden, vom Opener bis hin zum in pink noise auslaufenden Schlusstrack „The Last One“ ist alles ein Feuerwerk von Brillianz. Und auch schon bald nach dem Ende wird man sich wieder zurückwünschen in diesen Sound, wo jeder Ton ordentlich durchgeschüttelt wird um sich dann wie von alleine perfekt an den nächsten zu fügen.
Grundsätzlich betrachtet funktioniert alles nach einem ähnlichen Prinzip: Laute, sehr verzerrte Gitarren, einfache und einprägsame Basslinien, dazu ein bisschen minimalistisches Drumming und der deformierte Gesang. Und trotzdem klingt die Band in jeder Sekunde so neu, frisch und dynamisch, dass dagegen fast alles andere verblasst. Auf alle einzelnen Songs will ich hier nicht eingehen; es sei nur gesagt, dass keiner dabei ist, der für sich nicht jederzeit gute Chancen auf einen Platz in einer Liste der besten Songs aller Zeiten hätte. Ein perfektes Album, dass mich manchmal in andere Sphären katapultiert, manchmal einfach nur einen Heidenspaß macht und sich scheinbar gar nicht abnutzen kann sondern immer nur stetig besser wird.

Les Rallizes Dénudés präsentieren: Musik, wie sie sein sollte.
Wertung: 10/10

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