Re: Glitterhouse

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sparch
MaggotBrain

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Für alle, die es immer noch glauben, nun auch hier die Entwarnung:


$$$ Na so was: Glitterhouse Records zieht gar nicht nach Berlin!
Es begab sich am 04. April, dass ein Newsletter aus Glitterhousen verkündete, Glitterhouse Records erliege dem unwiderstehlichen Magnetismus der Hauptstadt.
„Wir ziehen nach Berlin“ hieß es da, und „eine Ära neigt sich dem Ende entgegen“. Wir legten uns selbst Zitate von geradezu Tim Rennerschem Bedeutungsgehalt in den Mund. „Nur in Berlin“, hieß es, „im kreativen Zentrum der Musik“, seien „Synergieeffekte zu erzielen, die die Zukunftsfähigkeit der Branche sichern. Die Hauptstadt ist arm aber sexy. Glitterhouse Records auch.“
Außerdem hätten wir, mit der „Schwarzen Plumpe, dem ehemaligen Vereinsheim der Hertha aus Berlin“ einen „geschichtsträchtigen neuen Firmensitz gewählt“ und unser alter Freund und Kupferstecher Chris Eckman würde dort als „A& R Digital“ tätig. Weiter im Text: „Ab 2008 werden wir das Glitterhouse-Kerngeschäft auf den digitalen Markt ausrichten. Den sinkenden Absatzzahlen der Tonträgerindustrie und der Schwäche des Handels können wir nicht mehr entgegenwirken. Unsere letzte physische Veröffentlichung ist für den Dezember terminiert.“ Auch das Orange Blossom Special und das Shake Baby Shake Soundsystem ziehe, nach erfolgreicher Testphase in Beverungen“, in die Hauptstadt um. „Außerdem schießt Wowi Geld dazu. An einem Sozialplan für die nicht mit in die Hauptstadt umsiedelnden Mitarbeiter wird derzeit gearbeitet“ hieß es.
Da haben wir aber was angerichtet: Obwohl über dem letzten Newsletter deutlich das Datum „01. April“ prangte, stand das Telefon nicht still. Unsere e-mail Postfächer drohten überzuquellen. Die Reaktionen gingen von „Glückwunsch, willkommen in Berlin!“ über „Wie seid ihr denn da an Senatskohle gekommen?“ oder „In welchem Stadtteil will Reinhard denn seine sechs Kinder großziehen?“ bis zu „Nur noch Downloads? Ihr habt sie ja nicht alle. Euer Ex-Kunde Fritz.“
Ehrlich: Es wundert uns schon ein wenig, dass uns ziemlich viele Leute die beschriebenen Aussagen zugetraut haben. In natura würde mir ein Wort wie „Synergieeffekte“ nie über die Lippen kommen. Dass wir uns tatsächlich des hier kolportierten Nu-Economy/Musikbusiness-Neusprechs bedienen würden, dass wir das ehemalige Vereinsheim der Hertha erwerben und wir zukünftig keine physischen Tonträger, sondern ausschließlich Downloads vertreiben würden: also bitte! Würden wir nie tun. Dass eine kleine Klitsche wie die unsere darüber hinaus mit Senats-Subventionen bedacht und wir gar an einem Sozialplan arbeiten würden – i wo. Das kann doch nur Quark sein. Die mannigfachen Reaktionen spiegeln indes die Lage der Branche wider. Denn dass der Abschied von physischen Tonträgern allenthalben prognostiziert wird, kommt schließlich nicht von ungefähr. So weit ist es allerdings noch nicht. Wir wollten lediglich, wenn schon kaum noch CDs unter die Leute zu bringen sind, ein bisschen Frohsinn verbreiten. Also: Berlin muss weiterhin ohne uns auskommen. Wir bleiben euch einstweilen erhalten, als Tonträgerklitsche. In Ostwestfalen. Arm aber sexy sind wir trotzdem. Sagt meine Freundin.

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Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?