Re: ROLLING STONE März 2008

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bender-rodriguez

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Joachim HentschelHallo Bender, natürlich – kann leider nicht widerstehen, darauf noch hinzuweisen – sind die Mimmi’s und der bestimmte Chumbawamba-Track absolut unentbehrlich in diesem Zusammenhang: weil das Chumba-Stück eben nicht nur vordergründig auf Punk (die Herkunft der Band, die Attitüde) und Folk (z.B. der Gesang – man kennt auch die tollen A-Cappella-Stücke der Band) verweist, sondern auch inhaltlich: das von Dexys zitierte Intro („Burn It Down“), die Bob-Dylan-Thematik, die ja sogar übers reine Zitat hinausgeht, wenn sie daraus ableiten, dass ein echter Künstler-Anarchist eigentlich keinen geldgierigen Manager haben kann. Worauf dann ja ein Billy-Bragg-Stück folgt, in dem britischen Parlamentariern ganz ähnliche Vorwürfe gemacht werden, auf die Tune eines Dylan-Songs.

Oder die Mimmi’s, die hier natürlich ein bisschen stören…

Nun, Joachim, ich habe verstanden, daß Du Dir sehr viel Mühe gemacht hast beim Compilieren der Rare-Trax-CD. Aus diesem Blickwinkel heraus gesehen ist es natürlich nachvollziehbar und legitim, „Give The Anarchist…“ einen Ehrenplatz auf der CD einzuräumen. Für all diejenigen, die trotzdem jetzt noch auf dem Schlauch stehen sollten, hier die Anmerkungen zu dem Song aus Chumbawamba’s „Uneasy Listening“-Compilation:
„Watching ‚Don’t Look Back‘ (the rockumentary of Bob Dylan’s first English tour) around the time we began to write the ‚Anarchy‘ album, we saw a man with a Christ complex. In the film, as the earth revolves around him in beautiful grainy black and white, we hear his manager Albert Grossman say: „Hey Bob, they’re calling you an anarchist.“ Bob, enigmatic as ever, grunts: „Give the anarchist a cigarette.“ Albert slavishley proffers his boss a cigarette. Another revolutionary act in the life of a rock ‚ n roll rebel. On the street outside someone passed Guy Debord a cig… and the glowing ember burnt beauty into the streets. ‚He’s going to choke on his harmonica, Albert…‘ swiped from a Paul Simon lyric – it’s a folk-rock thing, you wouldn’t understand. Kevin Rowland (Thankfully, not living in Yorkshire…) hovers ghostlike over the intro.“
Passt schon! ;-) – es gibt ja auch noch Leute, die die Nummer nicht schon gefühlte 10.000 mal in irgendwelchen JuKuz-Läden gehört haben.
Was den „geldgierigien Manager“ angeht: kein Einzelfall, nachvollziehbar sind (waren) doch die Ambitionen der (vermeintlichen oder wirklichen) „anarchistischen“ Künstler, dick Kohle einzustreichen um das „Establishment“ (Majorlabels) mit den eigenen Waffen und Mechanismen auszuhöhlen und zu schlagen. Mir fallen hierbei die subversiven Geschichten von Devo und P.I.L. ein, natürlich die „Cash from chaos“-Haltung (o.k., jetzt sind wir wieder zum reinen flüchtigen Punk zurückgekehrt…) und zarte Gedankenspiele des „New Pop“-Movement. Alle scheiterten zuletzt. Und Chumbawamba? Ein waschechter „EMI“-Act. Have a cigar, anarchists…
Nichtsdestotrotz, soll keine weitere Kritik an Deiner Auswahl sein, aber wenn schon Chumbawamba, warum dann nicht
a) „Hanging On The Old Barbed Wire“
(o.k, zu puristisch… – und keine zufällige Intertextualität… ;-) )
oder
b) „Timebomb“
?
(nicht aufstöhnen und wundern – ich verweise nur auf das Zitat von Emma Goldman auf der Rückseite des Booklets von „Uneasy Listening“: „If I can’t dance to it, it’s not my revolution“ – Eben! Von daher wäre sogar fast etwas von Test Dept. oder etwa Heaven 17’s „(We don’t need this) Fascist Groove Thang“ als „Rare trax“-Beitrag denkbar gewesen… ;-)

Auf die Mimmi’s-Nummer möchte ich jetzt nicht explizit eingehen, Du hast Deine Beweggründe bezüglich der Auswahl des Songs nachvollziehbar erklärt. Das respektiere ich – ich muß die Mimmi’s ja nicht mögen…
Vielleicht stelle ich mir eine eigene derart gelagerte Compilation zusammen, gute Vorlagen hast Du gegeben, möglicherweise wähle ich anstatt des plakativen Mimmi’s-Songs das vieldeutige „Death of the West“ von Death in June aus – vielleicht sogar beide Nummern aufeinanderfolgend…

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I mean, being a robot's great - but we don't have emotions and sometimes that makes me very sad