Re: Smashing Pumpkins – Frankfurt/Jahrhunderthalle 22.02.08

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bullitt

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Bericht aus der Frankfurter Rundaschu:

Smashing Pumpkins
Zarter Knall
VON THOMAS STILLBAUER

Die Smashing Pumpkins sind laut und leise, gut und böse, Frau und Mann. Die Smashing Pumpkins aus Chicago sind wieder da. Hurra.

„Die Pumpkins-Logik ist: Wenn man die Leute sechs Minuten auf den Knall warten lässt“, sagte Billy Corgan voriges Jahr dem Musikmagazin Rolling Stone, „dann muss es aber wirklich knallen“. Da ging es um „United States“, die zentrale Nummer auf der CD „Zeitgeist“, und darin knallt es nach 6:36 Minuten, dass bei Knallfreunden keine Wünsche offen bleiben. Seit ihrem letzten Besuch in Frankfurt ließen Corgan und seine platzenden Kürbisse die Leute sogar fast acht Jahre warten. Es war seinerzeit die Abschiedstournee einer vergehenden US-Band. Nun knallt sie wieder, Gott sei Dank.

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Ihr Gastspiel in der Jahrhunderthalle in Frankfurt-Höchst beginnen die Fünf mit „Porcelina of the vast oceans“ – einem Lied wie eine Visitenkarte. Darauf müsste genau genommen stehen: Smashing Pumpkins, wütendste unter den wütenden jungen Amerikanern der 90er Jahre, aber stets auch zart und elegant und verführerisch. Das Lied schwebt los, ganz sacht wie ein Zitronenfalter, fährt dann schwer ächzend als stählerner Schiffsrumpf durchs meterhohe Packeis und befreit sich schließlich mit blendender Perspektive.

„Ich bin glücklich“, sagt Corgan

Sänger und Leadgitarrist Billy Corgan steht auf der Bühne in einem knöchellangen Rock. „Ist eben ein Rockkonzert“, sagt der Kenner im Publikum. Aber auch ein bisschen Zirkus-Ambiente: in der Mitte der riesige, leuchtturmhafte, glatzköpfige Corgan im langen Gewand, zu seiner Rechten die ziemlich winzige Bassistin Ginger Reyes im roten Minikleid. Corgan sagt den Frankfurtern: „Ich bin glücklich, in dieser Band zu sein“ und lacht halb ausgelassen, halb verlegen. Die Band ist sein Lebenswerk. Sie ist seine Familie. Er wollte sie unbedingt zurückhaben, nachdem er das Jahrtausend mit Seitensprüngen begonnen hatte. Am liebsten wollte er sie komplett zurück haben. Das klappte nicht.

Wie frisch verliebt sieht er Jimmy Chamberlin an, den Schlagzeuger, der als einziger aus der Urformation dem Ruf heim zu den Pumpkins folgte: „Ein Weltklassedrummer, aber seine erste Liebe war das Tamburin.“ Zu zweit spielen sie „Perfect“ aus dem Jahr 1998. Billy Corgans Stimme transportiert Sehnsucht und Wildheit. Diese Stimme wird immer den ganz großen Unterschied machen. Wer da singt, zu Tamburin und Westerngitarre. Billy und Jimmy oder du und ich.

Adjektive statt Bilder

Auf der Bühne wird die Zirkustruppe von hinten angestrahlt, so dass sie dasteht im Gegenlicht, die Gesichter nicht recht zu erkennen, nur die Gestalten in gleißendem Licht und gleißendem Sound. Prachtvolle bunte Bilder. Wirklich zu schade, dass Sie das jetzt nicht sehen können. Leider wollte das Band-Management die uneingeschränkten Rechte an allen Fotos haben, die Journalisten vom Konzert aufnehmen. Pardon – aber nicht mit der FR. Dann benutzen wir lieber ausnahmsweise ein paar Adjektive mehr.

Weltklassedrummer Chamberlin geht oft ein wenig unter im Gitarrenrausch, auch das Keyboard dringt nicht oft durch. Das führt dazu, dass sich leicht in den Songstrukturen verirrt, wer gerade vom Bierholen zurückkommt, aber das macht nichts. Die Musik packt einen so oder so. Ein Pumpkins-Song packte einst alle mitten ins Herz: „Disarm you with a smile“ sang Corgan vor 14 Jahren, „the killer in me is the killer in you“. Es war an seine Eltern gerichtet, soll er später erläutert haben – er sang es, statt sie um die Ecke zu bringen. Diesmal singt er es nicht.

Das ist die große Tragödie am großen Frankfurter Auftritt, der zu Ende geht mit einer augen- und ohrenbetäubenden Collage aus „Easy Livin'“ (Uriah Heep), „Long Time“ (Boston) und „Stop, children, what’s that sound?“ (Jefferson Airplane). Als Zugabe dann 20 Minuten „United States“. Das knallt.

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