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Abgang eines Clowns
Pete Doherty lümmelt in der Tonhalle herum
Kurt Cobain ist tot, Joe Strummer ist tot und Pete Doherty sieht auch nicht wirklich gut aus. Mit fahrigen Bewegungen taumelt, schwebt er über die Bühne der Tonhalle und macht den Drogen-Clown, ganz wie die enthusiasmierte Menge es nach den zahlreichen Geschichten aus der Regenbogenpresse der vergangenen Monate von ihm erwartet. Immerhin, er ist gekommen, das ist ein Fortschritt im Vergleich zu zahlreichen misslungenen Tourneeversuchen seiner Band Babyshambles während der vergangenen drei Jahre. Und er singt auch, durchaus anrührend, manchmal inniglich, zuweilen unverständlich, je nachdem, wie präsent er gerade ist. Ansonsten aber ist das Konzert ein einziger Kampf um die Authentizität der künstlerischen Aussage. Das alte Ding eben mit dem Genie, das nur die eigenen Grenzen transzendiert, indem es sich aufgibt, ein Modell, nach dem sich schon die Stürmer und Dränger in der Hoffnung auf Originalität vor mehr als zweihundert Jahren im Staub gewälzt haben.
Musikalisch, na ja, der Sound ist bekannt. Etwas The Clash mit zusätzlichem Offbeat, ein Hauch von den Smiths dabei und eine Prise Nirwana. „Fuck Forever“, nichts, was die Indie-Welt weiterbringt. Gespielt wird stellenweise durchaus mit Kraft, eine gute Stunde solides Handwerk, wie es längst zum Standard des Garagenrocks gehört. Der Rest: Dohertys Ego-Show. Eine Schachtel Kippen nebenbei geraucht, ein Mikroständer in Publikum geschleudert, auf der Bühne aufschlagende Bierbecher zurückgekickt, ein Autogramm irgendwo drauf geschrieben, das Ganze im Dämmerlicht mit Stehlampen auf der Bühne. Postpunkiges Gelümmel ohne wirkliche Notwendigkeit der Pose. Als die Menge nach dem Konzert nach draußen strömt, sammelt vor der Tonhalle eine alte Frau leere Bierflaschen in ihrem Handwägelchen. Der geht es wirklich schlecht.
Süddeutsche Zeitung vom 18. Februar 2008 von RALF DOMBROWSKI
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