Re: Graphic Novels

#6453623  | PERMALINK

latho
No pretty face

Registriert seit: 04.05.2003

Beiträge: 36,945

Friedrich[…]
Zum Glück muss ich meine Comic-Empfehlungen nicht aus der FAZ beziehen.

Naja, ist auch keine Schande, gelegentlich ist da schon ein guter Tipp dabei. Aber es ist halt sehr europäisch, deutsch, „kunstgewerblich“ (for lack of a better word), high brow. Ich hätte mir gewünscht, dass er mal etwas zu den neuen Image-Serien von Fraction, Brubaker oder Straczynski (Name aus Google kopiert) schreibt.

Friedrich
MAUS ist Spiegelmans opus magnum. Ein Meisterwerk, unbestreitbar. Aber vor MAUS wurde Art Spiegelman von seinem Vater verfolgt, seit MAUS wird er von MAUS verfolgt und kommt da nicht mehr raus. Fluch und Segen zugleich. Das Making of MAUS ist aber trotzdem gut. Da zeigt sich jedoch auch, wie akribisch, fast besessen, AS daran gearbeitet hat und was es ihm bedeutete. Das ist nicht wiederholbar.

Gut formuliert. Ist es wahrscheinlich nicht, würde ich auch nicht von Spiegelman verlangen (solche Geschichten hat man, wenn, dann nur einmal in sich). Aber mal etwas anderes, vielleicht gar leichtes, das würde ich gerne von ihm lesen. Und nicht dauernd mit Erzählformen experimentierend, sondern erzählend.

Friedrich
Ein Freund von mir hat mal behauptet, das die Nazi-Zeit mit ihrer Kulturbarbarei auch jedwede deutsche Comic-Kultur zerstört hat, wie sie auch jedwede andere intelligente populäre Kultur zerstört hat – Film, Popmusik – und dass es – das ist jetzt mein Ergänzung – mindestens ein Generation gebraucht hat, um überhaupt wieder einen Neuanfang zu finden. Mein Gott, was für lange Zeitspannen!

Deutsche Comics gab es auch vorher nicht viele, die (gute) Ausstellung „150 Jahre deutscher Comic“ konnte für die 20er eigentlich auch nur den Simplicissimus zeigen oder Otto Nückel erwähnen, beide nur mit Mühe unter das Comic-Banner zu bringen.
Dagegen war die Nachkriegszeit mit Nick Knatterton oder dem absolut psychedelischen Jimmy das Gummipferd deutlich besser besetzt. Das dürfte auch dem US-Einfluss auf die bundesdeutsche Gesellschaft zuzuschreiben sein.

Friedrich
Ich bin ja mit Walt Disney’s Lustigen Taschenbüchern, ZACK!, Asterix und Tim & Struppi aufgewachsen und (s.o) habe dadurch eine entspannten Zugang zu Comics. Dazu brauche ich weder FAZ noch Dussmann-Theke. Im Gegenteil. Das ist mir suspekt. Aber das ist ein anderes Thema.

Hatten wir im Zusammenhang Graphic Novel auch schon, klar, hier eine Ebene E- und U-Comics einziehen zu wollen ist dämlich (damit meine ich natürlich keinen hier im Forum).
Bei mir war’s ähnlich: Zack (Buddy Longway!), Asterix (einen Comic, den auch meine Eltern lasen) und Disney-Comics – bevor ich lesen konnte, las meine Mutter die mir vor. Quasi zum Ausgleich schmiss sie dann in den 70ern meine DC-Superhelden-Comics weg – Neal Adams Batman habe ich trotzdem nie vergessen. Und Mad natürlich. In den 80ern rollte dann die Comic-Welle, vor allem von Carlsen unter A. Knigge an – Goldene Zeiten, ich möchte das Davor aber nicht missen.

Friedrich
Reinhard Kleist, ja (sein neuestes Buch liegt bei mir auf dem Tisch), mit Uli Lust kenne ich mich (noch) nicht aus, Mawil würde ich gerne in die Runde werfen, Fil, auch wenn er in einer anderen Liga spielt, OL als Cartoonist, sicher noch ein ganze Reihe andere … Doch, es gibt schon einiges Deutschsprachiges, was lesenwert ist.

Reinhard Kleist Der Boxer betritt ähnliches Terrain wie Maus, ist aber epischer, action-reicher und auch nicht ganz so gut wie Maus, trotzdem sehr gut. Seinen neuen Comic über die äthiopische Läuferin habe ich nur online gelesen, den will ich mir noch kaufen. Über Ulli Lusts Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens (viel mehr kenne ich auch nicht) ist hier im Forum schon einiges geschrieben worden. Auf Mawil hatte ich immer noch keinen rechten Bock und Fil ist, vor allem wenn er so richtig Berlin ist, schon grandios komisch. Über OLs Buch habe ich neulich gelesen, aber das ist wohl kein Comic. Auch sonst kenne ich nur Cartoons oder Bilder von ihm. Im übrigen ist das alles ziemlich neu – vor 30 Jahren gab es kaum deutsche Comics.

--

If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.