Re: Graphic Novels

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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tina toledoDanke Euch beiden für den interessanten Austausch. Ich werde mich mal um die französische Ausgabe bemühen.

Das Vergnügen ist ganz meinerseits!

lathoIch lese Platthaus manchmal ganz gerne, muss aber auch nicht mit allem übereinstimmen, was er so schreibt. Er schreibt zu recht, dass Spiegelman nach Maus nicht mehr viel gemacht hat und eine DVD mit hunderten Seiten Making-of muss ich auch nicht haben. candy hat es im Neue-Comics-Thread ja ganz gut beschrieben: man muss auch Comics jenseits von Platthaus und der Dussmann-Theke beachten.
Der Satz ist natürlich doof und Wasser auf Mikkos Mühlen, der mit Platthaus so gar nichts anfangen kann…

Zum Glück muss ich meine Comic-Empfehlungen nicht aus der FAZ beziehen.

MAUS ist Spiegelmans opus magnum. Ein Meisterwerk, unbestreitbar. Aber vor MAUS wurde Art Spiegelman von seinem Vater verfolgt, seit MAUS wird er von MAUS verfolgt und kommt da nicht mehr raus. Fluch und Segen zugleich. Das Making of MAUS ist aber trotzdem gut. Da zeigt sich jedoch auch, wie akribisch, fast besessen, AS daran gearbeitet hat und was es ihm bedeutete. Das ist nicht wiederholbar.

(…) Und ja, in Deutschland und durch aus Deutschland Stammende entstanden zwar die modernen Comics, aber nach den Bilderbüchern zum Ende des 19. Jhds hin ist hierzulande nie viel gewesen. Die Comics/Bildgeschichten hatten immer den Ruch des Kindlichen, Unernsten, das passte nicht zum Wilhelminimus, nicht zu der verkrampften Zwischenkriegszeit, in der es auch in der Kultur immer um alles ging, natürlich nie zum Nationalsozialismus und auch nicht zur nüchtern-verklemmten postfaschistischen Nachkriegszeit. Auch heute, so habe ich das Gefühl, ist Comic nie Selbstzweck, immer Mittel. Viele der deutschen Comics sind von Künstlern, die eigentlich in Malerei und Illustration arbeiten. Das wäre ok, die Golden Age der US-Comics wurde von Illustratoren gefertigt, aber die konnten erzählen. Heute wirkt das oft steif und unbeholfen – so als wäre der Comic nur Werbung für die eigene Malerei, Endstation Galerie. Ich kenne wenige deutsche Comics, die ich unbedingt haben muss. Ausnahmen sind Leute, die sich – kaum überraschend – explizit als Comic-Künstler verstehen wie Reinhard Kleist oder Ulli Lust.

Ein Freund von mir hat mal behauptet, das die Nazi-Zeit mit ihrer Kulturbarbarei auch jedwede deutsche Comic-Kultur zerstört hat, wie sie auch jedwede andere intelligente populäre Kultur zerstört hat – Film, Popmusik – und dass es – das ist jetzt mein Ergänzung – mindestens ein Generation gebraucht hat, um überhaupt wieder einen Neuanfang zu finden. Mein Gott, was für lange Zeitspannen!

Ich bin ja mit Walt Disney’s Lustigen Taschenbüchern, ZACK!, Asterix und Tim & Struppi aufgewachsen und (s.o) habe dadurch eine entspannten Zugang zu Comics. Dazu brauche ich weder FAZ noch Dussmann-Theke. Im Gegenteil. Das ist mir suspekt. Aber das ist ein anderes Thema.

Reinhard Kleist, ja (sein neuestes Buch liegt bei mir auf dem Tisch), mit Uli Lust kenne ich mich (noch) nicht aus, Mawil würde ich gerne in die Runde werfen, Fil, auch wenn er in einer anderen Liga spielt, OL als Cartoonist, sicher noch ein ganze Reihe andere … Doch, es gibt schon einiges Deutschsprachiges, was lesenwert ist.

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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)