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Chloé Cruchaudet – Das Falsche Geschlecht (2014)
Bevor ich dieses Buch nachher verleihe, will ich hier noch ein paar Worte darüber verlieren.
Nach einer waren Geschichte: Der Franzose Paul Grappe desertiert im 1. Weltkrieg traumatisiert aus dem Schützengraben. Da ihm die Todesstrafe droht, verkleidet er sich als Frau um sich in der Öffentlichkeit bewegen zu können und nimmt sogar eine Arbeit als Näherin an. Er gewinnt mehr und mehr Gefallen an seiner Rolle als Suzanne und entdeckt, dass mit diesem Versteckspiel auch Vorteile verbunden sind. Suzanne ist sowohl bei Männern als auch bei Frauen beliebt und beginnt diese neu gewonnene sexuelle Freiheit auszuleben. Seine Ehefrau Louise ist zunächst davon verstört, lässt sich dann aber selbst mehr und mehr auf dieses Spiel ein. Als 1925 eine Amnestie für Deserteure erfolgt, versucht Suzanne wieder in ihre/seine alte Identität als Paul zurückzukehren. Doch dann kommt es zum blutigen Eklat.
Ein Buch über Identitäten, freiwillige oder unfreiwillige Geschlechterrollenspiele, Phantasien, Trauma, Sex und Gewalt. Grausam, unheimlich, komisch, erotisch und paradox. Von Chloé Cruchadet mit einfachen schwarz-weiß Zeichnungen und Rot als einziger Akzentfarbe, reduzierten Hintergründen aber in Mimik, Gestik und Körpersprache höchst lebendigen Figuren, deren Gefühle man als Leser förmlich miterlebt, großartig erzählt.
Ein weiterer Fall von truth ist stranger than fiction.
Das Falsche Geschlecht beim avant verlag
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)