Re: Graphic Novels

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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lathoIch habe die Kinderland-Ausstellung zum Comic-Salon angesehen, da hat mich Mavil so gar nicht gepackt. Aber vielleicht muss ich ihm nochmal eine Chance geben.

Über die Ausstellung kann ich nichts sagen wg. nicht gesehen.

Ich würde Dir empfehlen, einfach mal in die ersten Seiten von Kinderland reinzublättern. Mawil hat da so etwas wie einen Vorspann gezeichnet, der dem Leser seinen kleinen Helden Mirco vorstellt bevor die Geschichte richtig losgeht. Schon der Übergang von der ersten zur zweiten Seite ist wunderbar gemacht. Mir wird übrigens jetzt, wo ich es schreibe, erst bewusst, wie Mawil in diesem Vorspann andeutet, was für eine Wandlung mit Mirco im Laufe der Geschichte vorgehen wird. Toll!

Vielleicht muss man auch empfänglich sein für den sozialen (nicht sozialistischen! ;-)) Realismus in Kinderland, mit dem Ost-Berlin und die Berliner im Jahr 1989 so liebevoll – aber nicht beschönigend – und treffend dargestellt werden. Aber auch mit viel Humor. Man könnte Kinderland ja gleichzeitig als Funny und als realistische, semi-autobiografische Geschichte (mit tragischen Seiten) lesen. Beides ist richtig.

Mich erinnert der Realismus von Mawil sehr an Baru. Das wäre beileibe kein schlechtes Vorbild. Baru wäre einen eigenen Thread wert.

PS: Alles, was man irgendwie als Graphic Novel bezeichnen könnte, hier in den gleichen Topf zu werfen ist ja sowieso fragwürdig, denn damit landen Maus, Watchmen und Kinderland in der gleichen Kategorie, obwohl sie außer dem Umfang der Geschichte nur wenig gemein haben. Das ist so, als würde man alle Popmusik, die mit 33 rpm und auf 12″ Vinyl veröffentlicht wird, unter dem Begriff Alben, abhandeln. So haben wir hier völlig verschieden Sachen, auf die sich jeweils nur wenige einigen können im gleichen Thread. Naja, das wäre ein Projekt für lange Winterabende.

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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)