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Die Platte beginnt phänomenal, entfacht einen Sog, der sich hochzieht, bis Gibbons unter Schmerzen „Did you know what I lost?“ klagt und kurz alles still zu werden scheint. Und als wenn sie sich schon zu Beginn in dieser Gefühlsstimmung einnisten wollten, retten sich Portishead nur durch einen beißenden Cut zu „Hunter“, in dem Gibbons brilliert, wie auf keinem anderen Track der Platte. „Nylon Smile“ ist musikalisch wenig herausfordernd, die Zeile „I don’t know what I’ve done to derserve you“ ein Rezitativ alter Tage.
Schon die 2. Seite birgt den Höhepunkt „The Rip“, sehr nah an Out Of Season und mit einer schmeichelnden Eingängigkeit. Wenn fast unhörbar besagter „Rip“ durch das elektronische Klangbett dringt, stehen einem Tränen in den Augen, ob der schieren Perfektion, die Portishead hier demonstrieren. „Plastic“ dagegen schwankt zwischen Besinnung und Beklemmung, um schlussendlich keinen Ausweg zu geben. „We Carry On“, ein weiteres Sogstück, hätte in seiner zurückgenommenen Brachialität auch dem 10 Jahre zurückliegenden Mezzanine entstammen können und weist musikalisch und textlich („…holding on I carry on…“) den Blick nicht nur nach vorn.
Der stärkste Kontrast manifestiert sich auf Seite 3, wo der kompromissloseste Track unheilsvoll einer beinah meditativen Ode folgt. Ein wankelnder Männerchor irrt durch tiefes Gewässer, im wahrsten Sinne zerschossen durch die metallenen Schläge des Maschinengewehrs, das qualvoll lange stakkatohaft seine Arbeit verrichtet, dabei nicht den Rhythmus, aber seine Wucht verändert, bis den Track die schönsten Synthesizer der letzten Jahre erlösen. „Small“ gemahnt daraufhin nochmal an die beiden vorherigen Tracks, friedlich beginnend, wütend verstummend, gebrochen nur durch klirrende Geräuschkörper.
„Magic Doors“ und „Threads“ beschließen das Album auf der 4. Seite. „I can’t deny what I’ve become, I’m just emotionally undone“, so singt Gibbons, bevor ein wuchtiger Pianoakkord den Track hebt, unfassbar emotional berührt. „Threads“ wird nichtzuletzt aufgrund seines kolossalen Abschlusses in Erinnerung bleiben. Nie entließen einen Portishead derart allein, „I’m always so unsure / Where do I go?“
Die letzten Tage ließen mich das Album neu erfahren, wo mich die Platte zuvor nicht zufrieden stimmte, und sie arbeitet sich stetig an mir ab und erntet Anerkennung. Schwer fassbar, aber eine lohnende Erfahrung. Persönlich verbindet sich mit dem Kauf der Platte zudem eine wundervolle Zeit, der Blick auf auf das weiße P auf grünem Hintergrund assoziert viel mehr, als nur Musik. Schon jetzt die wertvollste Erinnerung. Ich erhöhe auf * * * *. Das Album wird wachsen!
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"And the gun that's hanging on the kitchen wall, dear, is like the road sign pointing straight to satan's cage."