Antwort auf: Das beste Can-Album

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napoleon-dynamite
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@pink-nice und Mista
Für einen kurzen, unfaßbar heißen Sommer bedeuteten Can tatsächlich mal alles für mich. Dem ging nicht viel voraus, erst im vorausgehenden Frühling hatte ich die Band entdeckt (aus dieser Zeit stammt auch meine Bewertung). Keine lange Aneignungs- und Gewöhnungsphase, sondern die sofortige, heftige Liebe: Liebzeits harten, mechanisch präzisen Beats, Czukays trocken groovender Baß, der sich um die Stücke schlängelte, Damo Suzukis radebrechendes Gekreische abstrakter Wortkombinationen, absolutely cool. Ich gab damals shitloads aus für mein Exemplar von „Tago Mago“, zusammen mit barroom buddy deadflowers gaben wir der LP mehr Umdrehungen auf dem Plattenteller als allen anderen Alben in diesem Jahr zusammen. Eine unfaßbare Menge an Gin Tonic, eine Lautstärke, die tatsächlich irgendwann die Nachbarn tiefnachts zum Griff nach der Polizeikontrolle veranlaßte (etwas an den Basseinstellungen des Verstärkers gespielt dröhnt Czukays Instrument durch jede closed door), die übliche Adoleszenzgeschichte. Ich war ja erst vor kurzem aus dem verschlafenen München nach Berlin gezogen. Und es zog weiter Kreise: Jeden Samstag und Sonntag morgen durch die Flohmärkte getingelt, um weitere Schätze aus der Krautmusikschatulle zu bergen, Feilschbemühungen mit abgehangenenen Händler, die mich noch heute schlecht träumen lassen. Ohrsampler! Amon Düül II! Die kosmischen Kuriere! Um Himmelswillen, was dann passierte? Das Wintersemester begann, ich mußte mir eine neue Wohnung suchen und vor allem wichtig: Mir dämmerte endlich endgültig, daß in Musik eine Kunstform schlummert, der ich nicht gerecht werde, wenn ich sie nur an meine jugendlichen Bedürfnisse koppele. Und plötzlich fielen die Platten von Can zusammen zur Musik von emsig spinnerten, technisch versierten Tüftlern. Und ich kehrte zurück zu Hank Williams, lernte die Stones wieder von Neuem kennen und machte die Bekanntschaft mit „Flyin‘ Shoes“ von Townes van Zandt. Verkaufte meine „Tago Mago“ LP wieder zu shitloads. Zuerst an einen Mantelträger, der darauf bestand die Platte persönlich abzuholen und dann unter Geschrei am Preis feilschte. Dann an einen Krautrock-Sammler, der bereits einen Tag, nachdem er das Geld überwiesen hatte, Ebay alarmierte, weil die LP immer noch nicht bei ihm angekommen sei. Man lernt eben dazu, um mal ein Fazit zu ziehen.

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A Kiss in the Dreamhouse