Re: Nazareth – nicht nur "Love Hurts" !

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stillstand

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Kürzlich sah ich sie live und rezensierte in das mir zur Verfügung stehende Publikationsorgan hinein folgendes, wovon kein Wort zurückzunehmen ist:
Sie können einfach nichts falsch machen an diesem Abend, an dem über 600 aufrechte Kampfraucher in die Durlacher Festhalle gekommen sind, die sich schulterklopfend und ganz ironiefrei mit „Na, Alter!“ begrüßt haben. Und sie machen nichts falsch. Weder die unten, noch die auf der Bühne: Nazareth spielen wirklich nur das beste, bodenständigste, raubeinigste Zeug ihrer über 35 Jahre währenden Karriere. Dreh und Angelpunkt der Veranstaltung ist das 73er Album „Razamanaz“, das die Musik der Band für den Rest der 70er Jahre definierte und von dem sie vier Neuntel in den Saal donnern: Hardrock, der sich immer näher dem Blues zuneigte als der europäischen Klassik, am besten mit einer Dose Bier in der Hand zu genießen und nur sehr bedingt etwas für Deep-Purple Fans. Der zweite Song des Karlsruher Sets ist der Titelsong jenes Albums, und Dan McCafferty, der zusammen mit Bassist Pete Agnew den Kern der Originalkapelle stellt, brüllt, als gelte es, sich um den Posten des Sängers bei AC/DC zu bewerben. Diese konsequente Verweigerung gegenüber jeder Glattpoliertheit macht den besonderen Reiz der besseren Songs von Nazareth aus. Kommet zu hören unsere unbehauen Klötze, Geformt mit einer Gitarre, einem Bass und einem Schlagzeug. Löcher im Sound? Wo andere Hilfskeyboarder und Beistell-Elsen auffahren würden, geizen diese Schotten. Hauptsache Rock’n’Roll. „We’ve got to get it together. You bring the wine, we’ll bring the weather. We haven’t come to be clever”, genau das ist die Definition der Anmutung des Folgenden. Das sich mit “Loved and Lost “ zu einer voluminösen Liebeserklärung an die Liebe, die schmutzige, die vergebliche aufschwingt. Gitarrist Jimmy Murrison (bei schnelleren Soli immer näher an der Transpiration denn der Inspiration) kleistert hier erregende Klangtapeten, die Wallungen pubertärer Testosteronschübe naturidentisch heraufbeschwören können. Mit „Danger Danger“ kommt ein brachialkompakter Song neueren Datums zum Zug, bei dem Vater und Sohn an Bass und Schlagzeug zeigen, wie wichtig es sein kann, fast nichts zu spielen, um alles zu gewinnen. Sohn Lee Agnew übrigens ersetzte den 1998 verstorbenen Originaldrummer Darell Sweet. Und wer eben noch zu den Pflichtballaden „Dream On“ und „Love Hurts“ pflichtbewusst sein Benzinfeuerzeug ausgepackt hat, der geht mit „Hair of The Dog“ und „Morning Dew“ noch mal eine Runde „voll abrocken, gell Alter“.

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