Re: Get Well Soon – Rest now weary head, you will…

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nail75

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MikkoZumindest bei Radiohead ist das ja auch so. Radiohead machen Progrock des neuen Jahrtausends. Und alle anderen von Dir (und Rezensenten des Albums von Herrn Gropper) ins Spiel gebrachten Künstler haben eben auch wenigstens teilweise diesen Hang zu Kitsch und Schwulst, den man zwar noch nicht gleich Progrock nennen muss, der aber ein Merkmal von Prog ist. Atom hat dazu ja auch schon was Richtiges geschrieben. D.h. die Tindersticks möchte ich da weitgehend ausnehmen.

Ich muss mir das Get Well Soon Album noch öfter anhören, aber mein erster Eindruck war schon der von zu viel und zu dick aufgetragenem Schwulst, sowie einer aufgesetzten Theatralik. Insgesamt zu konstruiert.

Da ich das Album noch nicht kenne, kann ich mich an der Diskussion darüber nicht weiter beteiligen. Im Livererlebnis dominierte der Eindruck von sehr mitreißend arrangiertem Pop ohne Theatralik (dafür ist Gropper gar nicht der Typ). Dass die Musik sich häufig sehr an bekannte Vorbilder anlehnt ist ein Kritikpunkt, den ich damals ja auch vorgebracht hatte (und andere auch). Allerdings überwog bei weitem der Eindruck ein mitreißendes und durchdachtes Konzert erlebt zu haben.

Der Hauptunterschied zwischen der Musik, die ich als Prog bezeichne und diesen „neuen“ Bands, die teilweise als Prog deklariert werden, liegt darin, dass der klassische 70er Jahre Prog häufig ein ausgefeiltes künstlerisches Konzept verwirklichen wollte, häufig mit starker inhatlicher Komponente und sich teilweise über die (tatsächliche oder angebliche) Virtuosität der individuellen Musiker definierte. Daher reden auch „klassische“ Prog-Fans gerne darüber, was für ein fabelhafter Schlagzeuger/Gittarist/Keyboarder denn der xxx ist und besonders gut ist ja das Solo von yyy auf zzz und so weiter.

Das ist bei Radiohead, Sigur Ros, The Divine Comedy, Calexico, den Tindersticks u.a. völlig anders. Dort steht eindeutig das Ensemblespiel im Vordergrund, Virtuosität, die sich in Soli zeigt, spielt keine wirkliche Rolle, stattdessen wird angestrebt ein umfassendes Klangerlebnis zu schaffen und die Musik basiert auf deutlich erkennbaren und klar abgrenzbaren Songs. Dass muss man nicht mögen, aber der Unterschied zum Prog der 70er ist gewaltig.

@Dick: Schwer zu sagen, ob GWS etwas für Dich ist. Als „anstrengend“ habe ich es aber nie empfunden.

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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.