Re: Peter Greens Trauma-Nacht mit deutschen Kommunarden 1970

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Guten Tag,

die jüngste, einschlägige Wochenend-Lektüre macht ein Update erforderlich und erlaubt einige Details zu ergänzen:

Der autorisierte „Peter Green“-Biograf Martin Celmins datiert den viel diskutierten München-Trip, dem er keine besondere Bedeutung beimisst, fälschlich mit dem letzten Wochenende im März, was ich bis jetzt ungeprüft übernommen habe.

Christopher Hjorts heuer erschienene, umfassende Dokumentation über den „Britischen Blues Boom“ Strange Brew. Eric Clapton & The British Blues Boom 1965-1970. listet die Konzerttermine in einer nahezu lückenlosen Chronologie auf, die zweifelsfrei ergibt, dass Fleetwood Mac am 22. und 23. März 1970 im Münchner Circus Krone (und zusätzlich im Deutschen Museum) gespielt haben.

Hjorts zitiert nicht nur einen Artikel aus der Süddeutschen Zeitung, in dem Peter Green Polizei-Übergriffe auf das Konzertpublikum bedauert, sondern auch die ausführliche Beschreibung der zweifelhaften Erfahrungen, die Green, die Bandmitglieder und die Crew mit den Münchner Kommunarden gemacht haben, deren Identität aber nicht bekannt gemacht bzw. gelüftet wird.

Aber im Juni 1970 gibt Green Beat Instrumental ein Interview, in dem er auch den München-Trip erwähnt: „Pete is giving his German friends on the commune, who appear to have a profound effect on his thinking, a hand in organising a free concert in Munich“.

Im Anhang bedankt sich Christopher Hjorts übrigens bei Roland Schmidt (Germany) for rare documentaion of ‚The Munich Incident‘ (Leider habe ich im Netz keine brauchbaren Suchergebnisse zu Roland Schmidt und Peter Green bzw. Fleetwood Mac gefunden. Schade!)

Sieger (und Fakten) sehen anders aus

Martin Celmins‘ bestreitet in seiner autorisierten „Peter Green“-Biografie, dass München der Wendepunkt, die psychische Katastrophe, in Greens Karriere war, und verklärt Greens weiteren Lebensweg zur bewußten Entscheidung, die sie meines Erachtens nicht war.

Schließlich zeigt Greens Lebens- und Werkgeschichte klar, dass ihm nach München (Trip hin und her) die selbständige Gestaltung seines Lebens und Werkes mehrere Jahrzehnte lang völlig entglitten ist.

Die von Green Anfang 1970 angekündigten Bands haben nie das Rampenlicht erblickt, die geplanten Alben, die sein bisheriges Schaffen weiter entwickeln und in den Schatten stellen sollten, waren völlig indiskutabel bzw. kamen gar nicht zustande. Green wußte nicht mehr, was er tat, landete im Irrenhaus und Gefängnis, lebte jahrelang völlig isoliert und sediert.

Erst nach rund zweieinhalb Jahrzehnten hat er ab Mitte der 1990er Jahre mit der Splinter Group wieder teilweise Boden unter den Füssen gefunden. Aber diese Leistungen lassen sich meines Erachtens nicht ernsthaft mit den grandiosen Aufnahmen vergleichen, die er vor 1970 mit John Mayall, Fleetwood Mac und vielen namhaften Bluesgrößen eingespielt hat.

Fakten sehen anders aus #2

Celmins‘ über weite Strecken durchaus informative Green-Biografie hat mich letzten Endes nicht überzeugt. So überliefert Celmins unter anderem zahlreiche Anekdoten, die – wie die nachfolgende – gerne zitiert, aber dadurch nicht wahrer werden: Als B.B. King 1968 während seines Konzertes in der Royal Albert Hall eine Saite riß, soll er dieses Mißgeschick dem Publikum als Nervösität erklärt haben, weil Eric Clapton im Publikum saß. Anschließend soll King in Claptons Beisein erklärt haben, dass aber der gleichfalls anwesende Peter Green der bessere Gitarrist sei: „At one point, BB broke a string and put it down to nerves, explaining to the audience, ‚Man you’d be nervous if you could see who I can see right now.‘ He was referring to George Harrison and Eric Clapton sitting in a private box, enjoying the show. But then BB declared, ‚But I’ve got to say that, I’m sorry, Peter Green is the best.‘ (Martin Celmins: Peter Green. The Authorised Biography. p.109.)

Im Gegensatz dazu erwähnt Christopher Hjort der für seine umfassende Dokumentation Strange Brew die damaligen Musikfachzeitungen zitiert, dass auch Janis Joplin am 22. April 1969 in der Royal Albert Hall anwesend war, überliefert aber nicht jenes B.B. King-Zitat, das Martin Celmins in seiner „Peter Green“-Biografie anführt.

Das vermeintliche B.B. King-Zitat scheint um so unwahrscheinlicher, als Hjort ein „B.B. King“-Interview mit dem „Melody Maker“ zitiert, das am 24. April 1969 geführt und am 3. Mai 1969 veröffentlicht wurde, und folgende Reihung beinhaltet: „King praises Green and Fleetwood Mac („real fine guitar players“) but reserves greater accolates for Eric Clapton.“

In der selben Ausgabe des „Melody Maker“ hat derselbe Interviewer auch das oben erwähnte B.B. King-Konzert besprochen, weshalb er Greens Reihung vor Clapton gewiss erwähnt bzw. in seinem B.B. King-Interview thematisiert hätte.

Ich halte Peter Green für einen wesentlich besseren Gitaristen als Clapton, weshalb es mir leid tut, dass das B.B. King-Zitat bloß ein wohl riechendes Gerücht ist – Aber Wahrheit geht eben vor.

Hervorragend: RJ Greaves hilfreiche Diskografie und Sessionography

Was ich an Martin Celmins „Peter Green“-Biografie besonders schätze, ist der Anhang mit Greens Equipment und vor allem RJ Greaves hilfreiche Diskografie und Sessionography, die nahezu alle Alben verzeichnet, auf denen Peter Green mitgespielt hat. Damit erlaubt sie es, einfach die diversen Tonschätze zu heben. So soll es sein!

Grüße
Popmuseum

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