Startseite › Foren › Die Tonträger: Aktuell und Antiquariat › Aktuelle Platten › Beck Sea Change › Re: Beck Sea Change
muss noch mal was zu dieser scheibe loswerden. habe sie heute abend noch mal über kopfhörer gehört und mitgeschrieben. muss man nicht lesen, aber wens interessiert!
Golden age: dieser glasklare kristallin-schöne gitarrenakkord am anfang. melodische fill ins, glockenspiel und was ist es noch? kalt und schön. im hintergrund schubbernde streicher. der hall dort ist kein hall, sondern gemaltes echo. dann die stimme mit einer kleinen floskel. kein ausdruck aber seltsam unbestimmt in der melodischen richtung. führt nach vorn, bleibt trotzdem stehen. der refrain: ein melodisches aufblühen.
in der zweiten strophe die dopplung des gesangs mit einer ätherischen stimme im hintergrund. in der zweiten hälfte mit frauenchor-sound. und wieder der refrain als aufblühen. nicht mehr ganz so überraschend schön. das hintergrund-echo wandelt sich in einen sturm, der das lied am ende abheben lässt und in ein stück unwirklichkeit zurückverwandelt.
paper tiger: nach harten tom-schlägen trockene gitarrenrhythmen im hintergrund, der gesang trocken bis zum geht nicht mehr. die drums reduziert. scharfe e-gitarren-fills. extrem trockener sound nach dem hall von eben. da aber tauchen die streicher mit kurzen unisono melodien auf. der sound wird voller. bass, drums. ein aufschwellen zu einem kurzen refrainartigen höhepunkt. dann weiter wie vorher. die fills von gitarre und streichern werden massiver, drängender, zwingender. kontrastieren die ruhige gelassneheit des gesang. zwingen ihm dramatik auf. er bleibt zurückhaltend. paper tiger halt. deutlichste anleihen an gainsbourghs melodies. im aufschwung zum refrain wird die stimme künstlich dramatisiert, nichts ist echt. bald aber wieder die gelassenheit, während die instrumente sich auszutoben beginnen in wunderschönen rhythmen und schichten. das ende wie der anfang. mit einem streichbass-sound. und einfach so ende. war da was?
guess i´m doing fine: es beginnt singersongwriterartig mit akustik-gitarre. bald aber schon eine sirenenartige e-gitarre im hintergrund. mit dem einsatz des gesangs wieder der singer-songwritertouch. jedoch wird jeder satz durch ein unwirklich sphärisches aufleuchten von langen gitarrentönen begleitet. sitzt da jemand am fenster und schaut in hellglitzernde eiseskälte nach draußen? in eine unwirklich kalte welt? doch diese welt ist draußen, es ist schon ok alles bei ihm, he´s doing fine. die zweite und dritte strophe bringen hier kaum veränderungen. das klassisch songhafte dominiert. die stimme wirkt hier vielleicht etwas eindimensional.
lonesome tears: keine sekunde zeit, einsame tränen. schöne moll streicher. solides bassfundament, lang angehaltene töne. nick drake´s harmonien, seine auflösungen zwischendurch. die streicher wesentlich dicker. dann der aufschwung, kein drake mehr. wunderschöne streicherharmonien unter der stimme. das ganze wie ein langsames und wiederkehrendes aufblühen und verblühen. der wunderbare refrain öffnet den blick. um dann wieder zurückzufallen. traurige schönheit , schöne traurigkeit. und wieder auch nichts von beidem, weil es sich so emporjagt in den himmel der erlösung, dass auch das schon nicht mehr wahr ist. auch dieser song löst sich in nichts auf, wie der erste. hat aber wesentlich mehr mit seiner selbstauflösung zu tun. er klebt wesentlich länger an seinen emotionen. aber weg damit.
lost cause: unwirklich kaputt der anfang. aus den resten von eben? songwriting! mutig. tritt fassend. bald seltsame musikalische kommentare aus dem off. dann der refrain. melodisch kraftvoll, da nach den abschwüngen die positive auflösung zwingend wirkt. weiter gehts. die geräusche aus dem hintergrund nehmen etwas zu. wieder der refrain, der sich aber nicht wieder einfach in eine neue strophe auflöst, die spannung wird gehalten. die neue strophe bekommt elemente der positiven stimmung des refrains. zum ausklang ist nur noch eine irgendwie erlöste müdigkeit nach dem krampf der zweisamkeit. schlussgeräusche, die wie ein alptraum nachhallen.
end of the day: trockene drums, feine fills, wiegende geräusche, ruhe, abend. die stimme wirkt schlaff und tranig. bald aber eine musikalische aufmunterung. es bleibt das end of the day-gefühl. müde. der refrain ist ein fast künstliches aufbäumen der stimme, dem der stimmungsabschwung schnell wieder folgt. ähnlich die zweite strophe. soundspielerein im hintergrund in der letzten minute. der sound reduziert sich. hier ist abgang. nicht auflösung.
it´s all in your mind: klassisches songwriting? sparsame instrumente zu beginn. dann die tiefen streicher. die stimme wirkt zunächst etwas eindimensional. sie bewegt sich an der melodie-linie ausrucksarm entlang wie der streich-bass im untergrund. alles andere scheint geplänkel. aber da ists auch schon zu ende.
round the bend: nick drake. der sänger und die musik. nick drake. viel voller im arrangement, aber drake. der gesang nick drake. der song auch. die harmonien. doch die streicher verstören im hintergrund. sie sind bedrohlich. elektronische streichgeschwader. positive beschwichtigungsversuche von der melodieführung her, bekommen keine wirkung. zwischendurch ein lebenszeichen des singer-songwriters in form einer hart angeschlagenen saite. die dunklen streicherschwärme aber behalten die oberhand, sie überdecken das land mit tiefschwarzer melancholie. gerade dass sie noch die harmoniewechsel des sängers mitmachen.
der himmel bekommt zum schluss ein paar hellere flecken. aber nichts reißt auf. alles ist verhangen. drohend der schluss. doch alles eher nur ein alptraum. unglaublich schön. das war keine kopie von nick drake, das war eine inkarnation 30 jahre später. und genauso gut!
already dead: allein der titel. was mag kommen? helle gitarre. optimistisch. die melodie eher langweilig. der gesang tut nichts dazu. die stimmung des letzten stückes geht irgendwie weiter. already dead to me now. aber er wehrt sich gegen das gefühl todtraurigkeit! die stimme verfremdet sich, zu boden schauend, in die höhe. bedeutungsschwangere zupfgesten auf der gitarre. ist es echte auseinandersetzung mit dem verlorenen? die stimme bekommt etwas wärme und ausdrucksstärke. alles ist schwer. aber der eindruck des sich selbst aufrichtenden, obwohls ihn runterzieht, bleibt am ende.
sunday sun: da geht’s jetzt munter weiter! nette kleine worldmusic-sprengsel. ein paar leicht fremdartige harmonien. die stimme verfremdet. ein flickenteppich von musik. bunt und mitreißend. doch letztlich nicht fröhlich. wohl munter, aber nicht fröhlich. schöne aufschwünge. schönes auf die pauke hauen. schönes pathos, was aber gar nichts heißt. irgendwo winkt bono. nur völlig umgedreht. ist ja nichts so gemeint in seiner hymnik. auch wenn sunday sun. ist halt sonntag und sonntag ist schön und gut und sonnig. aber da beginnt das ding zu kollabieren. die ganzen bunten flicken zerspringen wie ein riesiger großer spiegel. nix mehr da! aus. großartig!
little one: der anfang will nichts gutes verheißen, sängergenoele. aber nein ein schöner aufschwung holt ihn raus aus seiner lethargie. es hat was nirvana-mäßiges. melodie und auch in seinem wechsel von leise laut. dann eine bridge, die den song immer größer werden lässt. klasse. wiederholung. hier tobt sich ein songschreiber allererster klasse aus. mit melodischen steigerungen, die ihresgleichen suchen. die instrumente sekundieren. ein stadionrocker, dem dann aber letzten endes der mut zum abheben fehlt. der sich seiner selbst erinnert.
side of the road: 3 minuten abgesang? soll man zu ende hören. ist das lied noch wichtig, ist nicht alles gesagt? die melodie löst sich immer wieder nach dur hin auf. es klingt wie ein paar letzte gedanken zum großen abschied. begleitet von vielen liebevoll funkelnden einsprengseln der begleitenden instrumente. es wirkt wie ein kleines ehrlich gemeintes lied zum abschied. aber bei aller akustik, allem selbstgemachten, allem „authentischen“, was es hat, soll nicht mal dieses wahr sein und lässt sich am ende doch noch elektronisch ins virtuelle verrücken.
--
FAVOURITES