Re: Wörter und Unwörter – Der gepflegte Stilistik-Thread

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zappa1
Yellow Shark

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Ich denke, dass der Umgang mit all diesen Sprachregelungen bzw. der p.c. auch irgendwo eine Generationenfrage ist.

nail hat ja bereits geschrieben, dass das Wort „Neger“ noch bis in die 1980er Jahre ein völlig normaler Begriff war.
Völlig wertfrei und ohne irgendwelchen rassistischen Hintergrund. Rückblickend denke ich mir, dass es, zumindest jetzt für mich, sogar ganz gut war, dass es diesen völlig unbefangenen Umgang mit diesem Wort gab.

Als es zu Beginn der Diskussion auch um Mark Twain ging, darum, dass Kinder/Jugendliche das Buch (wie auch Preußler etc.) nur mit Begleittext lesen sollten, dachte ich mir paar mal, haltet ihr unsere Kinder/Jugendliche denn für komplett dämlich.

Aber vielleicht ist es inzwischen tatsächlich so, dass es nötig ist. Ich habe in etwa 1970 das erste mal die beiden Twain-Bücher gelesen, noch in einer gekürzten Jugendbuch-Ausgabe, in etwa zeitgleich lief auch der ZDF-Vierteiler, und ich war damals überhaupt das erste mal mit dem Wort „Nigger“ konfrontiert. Und da wurde dann schnell klar, dass es, bezogen auf den deutschen Sprachgebrauch, ein riesen Unterschied ist, ob ich jemanden als Nigger oder als Neger bezeichne. Auch ohne Begleitheft. Das Wort „Nigger“ wäre mir deshalb nie über die Lippen gekommen, zumal auch meine Eltern immer sehr darauf bedacht waren, mir beizubringen, dass es keine Unterschiede zwischen Menschen gibt, egal wo sie herkommen oder wie sie aussehen.

Das meinte ich dann auch mit der Generationenfrage, weil man einfach wenig oder nichts in diese Begrifflichkeiten hineininterpretiert hat und man sich eben oft denkt, gibt’s denn wirklich nichts Wichtigeres.

Gutes Beispiel ist auch der „Sarotti-Moor“. Der ist ja inzwischen weiß und heißt Sternenfänger oder so. Keiner von uns Kindern wäre damals auf die Idee gekommen, ihn als Diener/Sklave zu sehen, der mich bedienen muss. Er war einfach der nette kleine Bub, der Schokolade hatte.

Aber es ist heutzutage vermutlich wirklich so, dass man den Kindern/Jugendlichen erst alles vorkauen und sozialpädagogisch aufbereiten muss, dass sie es kapieren. Sofern sie überhaupt noch Mark Twain lesen…

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„Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein: Sie muss zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen.“ (Goethe) "Allerhand Durcheinand #100, 04.06.2024, 22:00 Uhr https://www.radiostonefm.de/naechste-sendungen/8993-240606-allerhand-durcheinand-102