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Da es weiter oben um das Wort „Neger“ ging: Ich glaube, dass es wegen diesen Dingen recht oft zu deutsch-deutschen Missverständnissen kommt. Im Osten habe ich „Neger“ tatsächlich auch schon von Leuten gehört, von denen ich aus dem Alltag weiß, dass sie alles andere als Rassisten sind. Gleichzeitig habe ich aber auch von Leuten mit dunklerer Hautfarbe aus dem Westen Deutschlands gehört, dass sie sich wegen sowas hier oft unwohl fühlen. Insofern würde ich schon drauf achten, was die Leute sagen, die es selber betrifft. Das, was immer als „p.c.“ gescholten wird, ist ja eben keine politisch-mediale Sprachverschwörung, sondern ein jahrzehntelanger Prozess, der „von unten“ von Leuten angestoßen wurde, die sich durch bestimmten Sprachgebrach durchaus verletzt gefühlt haben.
fokaInteressant ist bei dieser Diskussion, dass sie (aus gutem Grund) eine exklusiv deutsche ist. In anderen europäischen Ländern kennt man die Unterscheidung „Sinti“ und „Roma“ nicht, vor allem „Sinti“ sind gänzlich unbekannt. Gitanes oder Ciganos sind in Frankreich und Portugal Zigeuner, Punkt (gilt auch fürs UK, Spanien, Italien etc.)
Hier muss ich Dir und auch Demon, der weiter oben ähnliches behauptete, ganz klar widersprechen. In Deutschland tut man immer so, als sei das, was als „political correctness“ bezeichnet wird, ein deutsches Phänomen, aber das ist totaler Quatsch. Im Gegenteil, in den USA oder in Großbritannien, in Schweden oder Belgien ist man beim Thema Sprache noch wesentlich sensibler, die Debatten dazu wesentlich heftiger. Es gibt ja auch Unterschiede, was in welchem Land als okay gilt und was eher nicht. In Deutschland ist es z.B. noch üblich, Hip Hop und R’n’B als „black music“ oder „schwarze Musik“ zu bezeichnen, was in den USA und auch in Großbritannien als rassistisch gilt. Daher hat sich dort schon seit längerer Zeit das Wort „urban“ durchgesetzt. Hier wiederum finden wir „Weiße“ oder „Schwarze“ nicht als diskriminierend, aber wenn man einen Ostasiaten als „Gelben“ bezeichen würde, wäre es schon irgendwie bedenklich. „Zigeuner“ ist wiederum in Mittel- und Osteuropa offiziöser Sprachgebrauch, aber in vielen der dortigen Länder geht man auch nicht gerade sonderlich freundlich mit ihnen um.
nail75Ich würde zwar niemanden als Zigeuner bezeichnen, aber sprachlich ist „Sinti und Roma“ natürlich eine Katastrophe.
Warum?
dengel
Vorurteilsfrei? Kenne einige Menschen, die in der „politisch korrekten“ Sprache reden, aber nicht nach dieser handeln.
Z.B. Wohnraumzuteilung, sich mit diesen Menschen auseinanderzusetzen, versuchen sie zu integrieren etc.pp.
Diese „Gutmenschen“ sind jene, die sich zuerst wehren, wenn eine Unterkunft für die Gestrandeten in ihrem ach so ruhigen Viertel eröffnet werden soll.
Und diese Leute wählen überwiegend „grün“.
Hier wählen die wohlhabenderen Eigenheimbesitzer, die gegen dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen sind, überwiegend AfD. Die grünen strongholds hingegen haben sich dafür ausgesprochen, dass in „ihren“ Vierteln Asylbewerber wohnen können. Vorsicht vor solchen Verallgemeinerungen!
latho
Was die political correctness angeht sollte man sie wie noted non-theorist Caitlin Moran sehen: als Gebot der Höflichkeit (sehr britisch, but that’s Caitlin for you). So wie ich einen neuen Kollegen nicht mit „Hallo Schwanzlutscher“ begrüße, so sollte ich auch nicht Leute mit Worten bezeichnen, die ihnen unangenehm sind. Banal, klar, die Lösung liegt eben im Detail und muss immer wieder ausdiskutiert werden – am besten mit Argumenten. „Sprachdiktatur“ und „muss man doch sagen dürfen“ sind keine.
And who would argue with Caitlin Moran? Stimme dem zu (auch dem Rest Deines Postings).
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