Re: Wörter und Unwörter – Der gepflegte Stilistik-Thread

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demon

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notdarkyetDer Begriff „Asylant“ ist ein gebräuchlicher abwertender BegriffGebräuchlich ja, aber (zumindest bis soeben) auch bei Menschen, die dem Asylrecht gar nicht negativ gegenüberstehen (wie z.B. Filter), die ihn also nicht abwertend verwenden.

für alle Menschen (ob mit oder ohne Aufenthaltsstatus; Das ist den Verwendern des Begriffs nämlich in der Regel egal.) die in Deutschland Asyl suchen,

… und genau deshalb ist „Asylbewerber“ kein Synonym, weil es ja nicht die Menschen erfasst, deren Asylantrag genehmigt wurde. Wie sollen wir diese in Zukunft bezeichnen? Naja, das Amtsdeutsch wird darauf schon eine Antwort finden… aber soll das die Zukunft der Sprache sein?

Weitere negative Begrifflichkeiten, die aus dem Begriff erwuchsen, sind die bekannten Verächtlichmachungen: Scheinasylant, Asylantenflut etc.

Ich bitte doch um etwas Logik! Diese Begrifflichkeiten kamen nicht aufgrund der Wortwahl auf, sondern weil die damit bezeichneten Tatsachen existieren. Es gibt den Missbrauch des Asylrechts; und von einer „Flut“ zu sprechen, als die Inanspruchnahme des Asyrechts uns gesellschaftlich zu überfordern schien, halte ich für nachvollziehbar.

Sprache entwickelt sich, so wie die gesellschaftliche Zustände (und Bewusstseinszustände) sich entwickeln.

Ja, klar, aber nicht per Dekret von jetzt auf gleich! In meiner Kindheit (60s) wurden Menschen mit dunkler Hautfarbe gemeinhin als „Neger“ bezeichnet, auch von Menschen, die dies nicht abwertend meinten. Obwohl auch meine Eltern damals noch das Wort „Neger“ benutzten, wurde ich dazu erzogen, keine Vorurteile, erst recht keine negativen, gegenüber „Negern“ zu haben. (Der Begriff „Schwarze“ hingegen galt damals als sprachlich unfein. Insofern kam es mir seltsam vor, als letzterer später salonfähig wurde.)

Zweifellos hatten damals aber mehr Menschen eine rassistische Einstellung oder zumindest negative Vorurteile gegenüber Schwarzen als heute, und entsprechend öfter wurde das Wort „Neger“ mit negativem Unterton ausgesprochen. Sein Verschwinden ist also eine Folge des gesellschaftlichen Wandels – aber es war doch ganz gewiss nicht die Ursache für letzteren!

Die heutige „Political Correctness“ ist hingegen in weiten Teilen der Versuch einer sprachmächtigen Elite, durch sozusagen „vorausschauende“ Eingriffe in die Sprache die Welt zu verändern. Und nicht nur das: Wer sich nicht an ihr Diktat hält, wird moralisch verdammt, z.B. als „rassistisch“. Für diese Methode gibt es einen Begriff, und der heißt „Demagogie“. Dieses Mittel kann sicherlich eine Waffe im politischen und gesellschaftlichen Kampf sein; und wenn es um den Abbau von negativen Vorurteilen oder gar Hass geht, dann mag man argumentieren, dass der Zweck die Mittel heiligt. Für mich ist es aber eine ziemlich anrüchige Waffe. Und wenn die Verwendung der Wörter „Negerkuss“ oder „Zigeunerschnitzel“ als

Angriff auf den Humanismus und die Aufklärung

gebrandmarkt wird, dann überwiegt der Kollateralschaden. Schlimmer noch: Diese angemaßte Diktatur über die Sprache führt bei denen, die sich dadurch gegängelt fühlen, oft genug zu Wut und Hass, und sie diskreditiert letztlich diejenigen selber, die mit dieser Demagogie auf ein doch erstrebenswertes Ziel hinarbeiten. Der Weg zur sprachlichen Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert…

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Software ist die ultimative Bürokratie.