Re: Top Ten Film Noir

#5964555  | PERMALINK

scorechaser

Registriert seit: 02.05.2003

Beiträge: 46,551

„Double Indemnity“ (Frau ohne Gewissen, 1944)

Regie: Billy Wilder
Musik: Miklós Rózsa
Kamera: John Seitz
Darsteller: Barbara Stanwick, Fred MacMurray, Edward G. Robinson

Länge: 107 min. schw/w

It’s just like the first time I came here, isn’t it? We were talking about automobile insurance, only you were thinking about murder. And I was thinking about that anklet. – Walter Neff

Dies ist wohl einer der düstersten Film Noirs überhaupt. Keiner in diesem Film wird am Ende als Sieger da stehen. Noch nicht eimal Edward G. Robinson, der sich eingestehen muss, das er sich in seinem Mitarbeiter Walter Neff getäuscht hat. Robinson´s Rolle Barton Keys ist hier auch die einzige wirklich unschuldige Rolle in dem Film. Sonst haben alle anderen Figuren irgendwie Dreck am Stecken. Walter Neff, der Mrs. Dietrich beim ersten Anblick verfällt.
Mrs. Dietrichson, deren einzige Gedanke der Mord an ihrem Mann ist. Mr. Diedrichsen, der sein Frau und seine Tochter seiner Arbeit wegen vernachlässigt und dadurch gegen sich aufbringt. Und die junge Mrs Diedrichsen hasst ihre Stiefmutter, die sie nie akzeptieren wird. Als sich Diedrichsen und Neff begegnen, ist ihr Schicksal bereits besiegelt. Sie wickelt Neff um ihre Finger und nutzt ihn eiskalt für ihren Plan ihren Mann endlich los zu werden. Neff wird die treibende Kraft in diesem Plan, und die Diedrichsen kann sich nacher in Unschuld baden. Nachdem Neff den Plan ausführt, und Diedrichsen tötet, wird sein Freund und Vorgesetzter Keys mit dem Fall betreut, der an einen Unfall glaubt. Neff verstrickt sich immer mehr in den Fall und besucht noch einmal Phyliss, die versucht ihn umzubringen. Neff kommt ihr jedoch zuvor. Doch tödlich getroffen kann sich Neff noch in sein Büro schleppen, und spricht auf ein Tonband für Keys sein Geständnis.

„Double Indemnity“ ist ein sehr zynischer und hoffnungsloser Film. Los Angeles wird meistens nachts gezeigt, die wenigen Szenen bei Tage sind auch nicht sehr viel hoffnungsvoller. Eine morbide Stimmung liegt über dem ganzen Film. Wilder gelingt es hervorragend die Stadt in ein anderes, düsteres Licht zu tauchen. Es gibt in diesem Film nicht eine einzige Bezugsperson, alle Characktere, bis vielleicht auf Robinson´s Keys, snid zutiefst böse und auf ihren eigenen Vorteil aus. Sie handeln höchst unmoralisch, ihr Tun ist einzig von der Gier bestimmt. Walter´s Gier nach Phylis´. Phylis´Gier nach dem Tod ihres Gatten und der Lebensversicherung. Bei keinem Film vorher gab es so wenige Characktere, mit denen man mitfieberen konnte. Dieser Film prägte wie kein zweiter nach ihm das Setting ud die Erzählweise des Film Noir. Es ist eine hoffnungslose Welt, eine Welt ohne jegliche Freude und Freunde.

„Double Indemnity“ ist erst Billy Wilder´s 2. Film, nachdem er mit „Five Graves to Cairo“ einen Abenteuerfilm gedreht hatte. In der berühmten Szene, in der Neff Phylis hinter einer Tür versteckt, gab es Probleme, weil die damaligen Türen nach innen und nicht nach aussen aufgingen. Wilder war dies egal, und drehte die Szene wie er es für richtig hielt. Fred MacMurray, der später mit Wilder „The Apartment“ drehte, war ein großartiger Darsteller, des Walter Neff. Man wußte bei ihm nie woran man war. Ganz anderes die Stanwyck als Phylis Diedrichson. Ihre Figur ist durchtrieben bis ins Mark, sie hat immer nur ihr Ziel im Auge. Sie ist eine der kaltesten und berechnendsten Figuren in der amerikanischen Filmgeschichte. Sie wird einem lange im Gedächtnis bleiben. Mit „Double Indemnity“ gelang Billy Wilder per Definition DER Film Noir schlechthin. Ein Meisterwerk.

--

"Film is a disease. And the only antidote to film is more film." - Frank Capra