Re: ROLLING STONE November 2007

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bender-rodriguez

Registriert seit: 07.09.2005

Beiträge: 4,310

nail75Gewisse Forumianer scheinen sehr stark von den ideologischen Grabenkämpfen der 70er und 80er geprägt zu sein und haben daher auch eine teilweise sehr ideologische Sichtweise auf Musik angenommen oder lassen sich diese freiwillig aufdrängen.

…ich knüpfe mal hier an. Meine Güte, seit ich das letzte Mal hier reingeschaut habe (ca. kurz nach meinem letzten gestrigen Beitrag), ist ja allerhand hier passiert. Zwischendurch musste ich ein wenig was für meinen Brötchengeber tun – und konnte mich nicht zeitnah einbringen. Habe auch noch nicht alles gelesen, was bisher gepostet wurde. Sollte ich diese Diskussion auf irgendeine Weise (mit-)losgetreten haben, so war diese Postinglawine nicht unbedingt beabsichtigt…

O.k., mittlerweile sind wir ja wieder annähernd an dem „grossen Graben“ angelangt, den Herr Rossi und ich bereits vor Wochen im „Class of ’82“-Thread beschrieben haben.

Ich möchte jetzt meine persönliche Sichtweise zu obigem Zitat von nail75 darlegen. Ja, es war mitunter eine ideologische Angelegenheit, dies gebe ich unverblümt zu – aber eine mit Herz und (manchmal mehr, manchmal weniger) Verstand. Tausendmal beschrieben (und ich muß es kein 1001. Mal wiederholen), daß die Popmusik Ende der Siebziger/Anfang der Achtziger wirklich spürbar an einem Scheideweg angekommen war. Wer sich abgrenzen wollte, der begeisterte sich für neue, unerhörte Klänge, für New Wave, für elektronische Popmusik. Und wer wirklich bei der Stange blieb, der wollte noch mehr. Diese Musikbegeisterten grasten jede noch so unbekannte Veröffentlichung ab, so „Indie“ sie auch sein mochte, Hauptsache es war aufregend neu – und nicht dem „traditionellen“ („Mainstream“-)Rock verbunden, der natürlich aus = „ideologischen Gründen“ ;-) abgelehnt wurde. Und warum? Eben darum, weil man vielleicht seine eigene Jugendkultur ausleben mochte, nicht den piefigen Rock der vorhergehenden Generation, bzw. die Gitarrensoli der älteren Brüder bewundern mochte. Die hatten sich doch auch durchfressen müssen. Nur war deren Generationskonflikt keine Populärmusik vs. Populärmusik-Nummer, sondern damals war deren „Feind“ das Elternhaus, das jeden Akkord einer elektrischen Gitarre als „Negermusik“ bezeichnete. Und diesmal? Diesmal war Rock die etablierte Kunstform, die von älteren Semestern ins Feld geführt wurde – gegen den Untergang des Abendlandes, sprich Popmusik, die die nachfolgende Generation interessierte. Da wurden eben „Virtuosen“ wie z.B. E.L.P. zu monströsen Urviechern, die eine zum Grossteil nicht weiter an den kommenden populärmusikalischen Entwicklungen interessierte Hörerschaft über alle andere Kunst stellte. Und ja @mistadobalina, der Musikunterricht liess manches Mal meine Augen zur Decke wandern – oder wahlweise meine Ohren auf Durchzug stellen, wenn irgendein besonders möchtegern-progressiv-eingestellter Lehrkörper dachte, uns mit Barclay James Harvest, E.L.O. oder den Beatles erfreuen zu können…
Dies prägte natürlich nachhaltig. Kein Wunder, daß die Achtziger in vielfältige Szenen und Jugendkulturen zersplitterten. Und, nail75, wer die damaligen Zeiten erlebt hat, bewusst teilgenommen/mitgemacht hatte – und nicht nur Mitläufer war – der nahm nicht selten eine ideologische, z.T. sogar idealistische Sichtweise an – und aufgedrängt wurde es den wenigsten… (mir zumindest nicht!).
Ich kann bestätigen, daß ebenfalls nicht wenige der Szeneinvolvierten richtige Musikautisten wurden, die (z.T. bis heute) nur ihren Stil vor Augen haben – und dadurch keinen Deut besser (und genauso unbelehrbar) bleiben, wie der „Früher-war-alles-Besser“-Sixties-Stehengebliebene. Davon distanzierte ich mich rechtzeitig, ich nahm weiterhin neue Musiksparten, Bands und Stilrichtungen gierig auf, bis zum heutigen Tage. Daß manches davon mir nicht zusagt, dürfte auf Verständnis stossen. Zeigt mir denjenigen, der wirklich ALLES gut findet… Eben!
Daher geht mir die ständige Präsenz der Ewiggleichen schon gehörig auf den Nerv, und wie Dick Laurent schon sehr richtig schrieb, 3 x im Jahr ausführlicher in Musikgazetten etwas über Joy Division oder Echo & The Bunnymen zu lesen, muß ich auch nicht haben! Es gibt noch soviel Unentdecktes oder Vergessenes in der Musikhistorie – auch in der jüngeren – das Wert ist, darüber zu berichten. Denn, wenn das wirklich so sein sollte, daß die heute ca. Zwanzigjährigen nicht mit zeitlichen Maßstäben, bzw. Limits an die Materie herangehen, so dürfte es sie umso mehr interessieren. Dann müsste nicht Bender R. befragt werden, wer Throbbing Gristle war, sondern die Band wäre einem Großteil der Forumskollegen genauso geläufig wie z.B. Calexico – Interesse vorausgesetzt…

Zum Abschluss noch zweierlei:

Ja, wir legten während unserer „Indie“-Veranstaltungen auch die Beatles auf – und das bereits vor über zehn Jahren, und nicht nur nachts um Drei. „Tomorrow Never Knows“ und „Dear Prudence“ blieben allerdings nur mässige Tanzflächen“füller“…

@joachim Hentschel: Fünf relativ aktuelle Künstler/Bands, über die auch ich (ich weiß, ich bin nicht Dick Laurent, aber trotzdem…) mehr als drei Seiten lesen würde? (Aber weniger Seiten dürfen’s meinetwegen auch sein… ;-) )
Here we go:
Belle & Sebastian
British Sea Power
The Coral
Interpol
Animal Collective/Panda Bear

…und nicht so aktuell, aber wieder im Aufwärtstrend: Current 93 (ein frommer Wunsch: Special! – ich weiß, jetzt gerade bin ich vermessen… – aber gehörig, und mir tut’s nicht mal Leid… ;-))

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I mean, being a robot's great - but we don't have emotions and sometimes that makes me very sad