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So um die Wende von den 80er zu den 90er Jahren muss es gewesen sein, da tauchte bei mir in der Twang-Tone Vinylwarenhandlung in Berlin Schöneberg ein junger Mann auf, der sein Fanzine zum Verkauf anbot. Der Junge, Typ linkischer schüchterner Oberschüler, ein Lumukarhu (Pflaumenbär) wie er im Buche steht, blieb hartnäckig im Laden, bis ich seinem Druckerzeugnis die gebührende Aufmerksamkeit zuteil werden ließ. Hieß das Fanzine damals schon „Destination: Pop“? – Ich weiß es nicht mehr. Ich kann mich auch nicht erinnern, ob ich je ein Exemplar verkauft habe. Aber Gilbert kam regelmäßig wieder, um nach den Rechten zu sehen und um Nachschub zu liefern.
Gilbert ist ein typisches Kind der 80er und ein Riesenpopfan. Während andere Jungs Fußball spielten, stand Gilbert stundenlang vor Hintereingängen von Clubs und Venues oder lungerte vor der Garderobe von Künstlern rum und wartete auf seine Chance. Meistens wurde seine Ausdauer belohnt. Seine Gespräche mit Musikerinnen und Musikern, die ihm alle auf die eine oder andere Art etwas bedeuten, hat er nun in einem kleinen Buch erstmals komplett und in deutscher Sprache veröffentlicht. Darunter sind sehr aufschlussreiche und verblüffend offene Interviews mit Kirsty MacColl, Billy MacKenzie (The Assiocates), Terry Hall, Kim Wilde, Marc Almond, Damon Albarn und Alex James (Blur), Kurt Cobain, Billy Corgan, Ben Folds, James Dean Bradfield (Manic Street Preachers), Claudia Brücken (Propaganda), Green Gartside (Scritti Politti), Charlotte Hatherley, Alison Goldfrapp, Andy Sturmer (Jellyfish), Martin Fry (ABC), Neil Hannon und noch einigen mehr. Das Spannende an diesen Interviews ist, dass sie fast immer vor dem großen Durchbruch der Gesprächspartner oder lange nach dem Zenith ihres Erfolgs stattfanden. Außerdem war der Interviewer immer bestens vorbereitet und stellte zum Teil wirklich tiefer gehende Fragen. Es macht richtig Spaß, diese Gespräche zu lesen, und man hat mitunter fast das Gefühl, direkt dabei zu sein. Wenn ein Gesprächspartner mal nicht so gut drauf war, merkt man das auch. Und Gilbert erläutert in seinen Einführungen zu den einzelnen Interviews ja auch die Umstände des jeweiligen Gesprächs. Gescheiterte Interviewversuche werden ebenfalls aufgeführt. An Bob Dylan haben sich schon ganz andere die Zähne ausgebissen. Und wenn Mike Scott auf die Frage „Was glaubst du, müssen die Leute mitbringen, um die Waterboys wirklich schätzen zu können?“ sinniert: „Zwei Ohren. Das müsste vermutlich reichen.“, dann sollte man es auch dabei belassen. Ist eh ne überschätze Band.
Wie schon gesagt, das Besondere, das Überzeugende an diesen Interviews ist die kenntnisreiche, ungekünstelte Fragestellung des echten Fans. Und die Antworten sind dann zum Teil erstaunlich offen und ehrlich. Listen der je zehn Lieblingsplatten der Interviewten sowie einiger prominenter Musikliebhaber (Daniel Brühl z.B.) runden das Buch ab. Und ein paar von Gilbert selbst gemachte Fotos seiner Gesprächspartner sind auch enthalten. Das von Kirsty MacColl nicht. Sie wollte ja auch eigentlich nicht fotografiert werden. Und mit dem Fußball hat es übrigens auch noch geklappt. Gilbert war einige Jahre Redakteur des Fan Magazins von Hertha BSC.
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Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!