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Entnehme ich in einer Plattenbesprechung das Attribut „zeitlos“, ist das für mich noch lange kein Kapitalverbrechen. Ich habe mich ja selber auch schon oft dabei ertappt, wie ich musikalische Werke, die mir besonders zusagen, als zeitlos zu würdigen neige – zuletzt geschehen im Falle von „Roots And Echoes“ (zeitlos schöne Melodien!).
Aus der Verwendung des doch recht unscharfen Begriffs ergibt sich aber immer ein gewisser Klärungsbedarf, wie die vergangenen rund 90 Posts zum Thema ja wunderbar illustrieren. Von einem Rezensenten erwarte ich folglich eine möglichst präzise Begründung, warum er sich bemüssigt fühlt, ein Werk als „zeitlos“ zu umschreiben. Falls diese Begründung nachgereicht wird: alles bestens.
Nur: Leider ist in Plattenbesprechungen oft von „zeitlosen Meisterwerken“ die Rede, ohne dass auch nur ansatzweise schlüssige Begründungen nachgereicht werden. Der Informationsgehalt solcher Rezensionen ist dürftig: Ich weiss zwar, dass der Rezensent das Werk mag, erhalte aber keine verlässlichen Hinweise, ob das in meinem Fall auch so sein könnte.
Anders herum gilt natürlich, dass Rezensenten, welche ihre Beobachtungen exakt auszuformulieren wissen, eigentlich gar nicht darauf angewiesen sind, einen derart problematischen Begriff in den Mund zu nehmen resp. in die Tasten zu hauen. Mikko hat sicher recht, wenn er darauf hinweist, dass die Verwendung des Begriffs in der Regel auf einen gewissen Argumentationsnotstand auf Seiten des Rezensenten hinweist.
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