Re: The Class of ’82

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bender-rodriguez

Registriert seit: 07.09.2005

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Nun, ich konnte bereits nach dem ersten Durchlesen von Herrn Rossi’s Standortbestimmung zu 1981/82 nur sehr gut verstehen, was er uns damit mitteilen wollte. Ebenso könnte ich meine Unterschrift bedenkenlos darunter setzen – allerdings „1981/82“ schon durch „1979“ ersetzen… Aber durch mein Interesse an genannten Depeche Mode, O.M.D., etc. anno 1981/82 durfte ich sehr wohl so manchen abschätzigen Blick älterer/gleichaltriger Semester auf mich ziehen – incl. heisser Diskussionen, die beinahe in Fratzengeballer ausgeartet wären…
Was hatten wir damals für eine Musiklandschaft in der BRD? Tatsächlich dudelten die Radiostationen mit vollster Breitseite und mit Absicht etablierte alte Hüte a la BJH, Supertramp, Dire Straits, Queen und Konsorten den „geschmacksicheren“ Zielgruppenhörern um die Ohren (von wegen „früher war alles besser was im Radio kam“ – pure Verklärung, besonders wenn man heute bei weitem Ü40 ist und 1979 abrupt damit aufhörte, jung zu sein…). Manche Moderatoren hatten einen Ton am Leib, daß man meinte, sie wollten eine Hexenjagd veranstalten. „Minderwertiger Plastikpop“, „Eintagsfliegen“, „Billiger Synthiekram“ waren die Prädikate, mit denen neuer Pop nicht selten belegt wurde. Gestandene Musikreadakteure verteidigten die hehre Kunst des Classic-Rock mit einer Verbissenheit, die an alte Klavierlehrerinnen denken liess. Wozu diese Paranoia? Hatten sie etwa insgeheim doch bemerkt, daß sich etwas ändern musste – konnten dies aber nicht zugeben? Anyway…
Weiter: Punk kam mit erheblicher Verspätung in der BRD an – und rasselte gleich mitsamt seinen deutschen Protagonisten mit den Poppern zusammen. Die ursprüngliche NDW-Szene spaltete sich auf, die nachgerückten Kirmes-Schlagervertreter wie Nena, Markus, Hubert Kah & Co. sahnten unter dem Etikett „NDW“ das ab, was die eigentlichen Ur-NDWler nach Alfred Hilsberg’scher Prägung (angeblich) niemals wollten – und reagierten daraufhin nicht selten etwas säuerlich…
So kam es, daß gerade die Jahre 1981/1982 für ein Großteil der deutschen Musikhörerschaft zu Schlüsseljahren wurden. Wer sich lange genug angehört hatte, daß er „ja eh nur billige und dumme Scheissmusik“ (O-ton eines mit einer Santana-Platte herumwedelnden Tonträgerfachverkäufers) hören würde, kam sich nicht etwa besonders „cool“ vor (leider kann ich das nicht bestätigen, Herr Rossi…) sondern reagierte recht angepisst mit Abgrenzung. Und diese Abgrenzung fand man in den mit Gleichgesinnten bestückten aufkommenden Szenen. Ich für mein Fall fand Punks zu prollig und schmuddelig (obwohl ich Platten von The Clash, Damned, Abwärts, Dead Kennedys, etc. richtig klasse fand), Popper zu schnöselig (Fiorucci, Benetton und eine Tolle über dem rechten Auge erschien mir zu affig – trotz Depeche Mode-, O.M.D.-LP’s und Human League’s „Dare“ im Regal), mit den Supertramp- und Queen-Fans stand man ja eh auf Kriegsfuß – also blieb die „Waver“-Szene übrig. Schwarz angezogen, die Haare nach Robert Smith’s Vorbild frisiert und eine Kollektion Cocteau Twins-, Siouxsie-, Virgin Prunes- und Co.-Platten besorgt – fertig war mein „New“ Pop-Jahr 1982…
Und andere blieben bei Foreigner und posaunen heute hier im Forum herum, 1982 sei ein Scheißjahr gewesen… ;-)

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I mean, being a robot's great - but we don't have emotions and sometimes that makes me very sad