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Mikko, Bender, ihr habt die Zeit offensichtlich schon sehr reflektiert mitbekommen. Ganz anders bei mir. Für mich war der lange Popsommer 81/82 (für mich gehören beide Jahre untrennbar zusammen) die erste „Welle“, die ich bewusst miterlebt habe. Für uns hieß das damals „New Romantic“ oder „Synthie-Pop“. Rahmenbedingungen: Kleinstadt, Realschule, keinerlei „Szene“, Plattenläden oder sonst irgendwas. Die wichtigsten Medien waren die „Bravo“ und Mal Sondocks Hitparade auf WDR2. Dort habe ich erstmals „Fade To Grey“ gehört und Fotos aus dem Video gesehen, das Video selbst erst später. Das war Anfang 1981, wir waren 12/13 Jahre alt. Visage fanden wir – mein bester Schulfreund und ich – toll. Mein Kumpel kam dann darauf, dass man auf BFBS, das man bei uns gut empfangen konnte, die kommenden Hits schon viel früher hören konnte. Wir nahmen ja quasi alles aus dem Radio auf, eine LP oder MC zu kaufen oder sich schenken zu lassen, war die absolute Ausnahme.
Wir klinkten uns genau im richtigen Moment bei BFBS ein – die Chartsshow am Samstagmittag – denn im Sommer 81 ging es richtig los mit den ersten Hits von Depeche Mode, Soft Cell, OMD, Human League, Altered Images und und und – Namen, die bald jeder kannte, aber wir hatten die Sachen viel früher gehört und kamen uns deswegen ziemlich cool vor.
Unser Feindbild wurde nun das Zeug, das in der „WDR-Schlagerrallye“ lief – man sollte sich nicht durch den Namen täuschen lassen, das war die Heimstatt des „guten Geschmacks“, wo Supertramp, BJH, Genesis, Dire Straits, BAP und sowas lief. Das poppigste war noch ELO, aber unsere Favoriten ABBA fanden da schon nicht statt und diese ganzen neuen Bands erst recht nicht. Dafür 50 Wochen lang „Romeo And Juliet“ (was ich heimlich eigentlich ganz schön fand), „Verdamp lang her“ oder unser absolutes Haßlied „Child Of The Universe“. Wir haben die Sendung natürlich trotzdem immer gehört, weil jeder es hörte. Und man musste ja wissen, was der Feind ist. Das ästhetische Gefälle war ja überdeutlich – hier die Wichtigtuermusik von alten Säcken (aus unserer Sicht), immer in Überlänge, dort knackige, kleine Ohrwürmer, unverschämt einfach gemacht. Musik von jungen Leuten für junge Leute.:-)
Dass es toll ist, dass unsere neuen Favoriten Hit auf Hit hatten, war für uns selbstverständlich. Wir bewunderten auch den Aufstieg von Kraftwerk und Trio an die Spitze der UK-Singles-Charts (und wunderten uns, dass das zur gleichen Zeit auch Nicole und der Goombay Dance Band gelang …). Irgendwelche ideologischen Probleme mit Charts-Platzierungen waren uns fremd.
Für mich waren diese zwei Jahre musikalisch extrem wichtig und prägend. Damals tat sich ein Graben auf, der zwei Musikhörergenerationen trennt, das merke ich auch hier im Forum immer wieder.
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