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Morgen wird Peter Brötzmann 70. Aus diesem Anlass gibt’s heute in der SZ ein kurzes Interview… ein paar markige Statements daraus:
In meinen Ohren gibt es derzeit sowohl in Amerika als auch in Europa wenig Überzeugendes. Vielleicht entwickelt sich – wenn man Europa als Ganzes sieht – hier ein bisschen mehr als drüben.
Ich habe nichts gegen den Marsalis-Clan. Sie machen ihre Sache gut. Aber ist das wirklich nötig? Echte Jazzmusik findet in den USA fast nur noch im Underground statt. Das macht es natürlich schwer, sein Leben lang dabei zu bleiben.
Es gab jahrzehntelang Hunderttausende von Coltrane-Nachfolgern und keiner konnte es! Der Fehler passiert offenbar automatisch, wenn irgendein grosser Mann stirbt. Dann springen Tausendde auf den Begräbniswagen und meinen, sie kreigen noch’n Stück ab. Ein grosses Missverständnis. Als Miles gestorben war, es auch so [sic]. Ich finde auch all diese Bands, die sich mit Duke Ellington beschäftigen – so wichtig Ellington ist, ich halte ihn für einen der grössten Komponisten und Musiker des 20. Jahrhunderts – aber es hat doch keinen Sinn, Dinge, die so hunderprozentig gut gespielt sind, noch mal nachzuspielen und sich einzubilden, man kann’s genauso gut. Kann man nicht.
Nehmen wir Albert Ayler. An dem sind immer besonders europäische Gedächtnisbands gescheitert. Und warum? Aylers Musik ist eine ungemein amerikanische mit ganz tiefen Wurzeln im amerikanischen Kleinbürgertum. Denselben Geist kriegen wir nicht zustande. Man kann nur hören und lernen.
Diese gottverdammten Musikschulen, ob sie Berkeley heissen oder Kölner Musikhochschule! Das sind verlängerte Gymnasien. Da lernt man doch nur das Hanwerkszeug.
[Frage des Interviewers Karl Lippegaus: Was denken Sie, wenn Sie heute Jazz im Radio hören?
Antwort:] Ich will jetzt keine Sender-Big-Bands nennen, aber das ist doch alles harmloser Unfug. Es läuft dem, was wir hinter uns und hoffentlich auch noch vor uns haben, total zuwider.
Dem bleibt eigentlich nichts hinzuzufügen!
Sehr schön das Wort „Gedächtnisbands“ – hab ich so noch nie gehört… wird ja sonst immer englisch benannt (Memorial, Tribute, Homage to… also na ja, englisch ist das ja eigentlich auch nicht).
Ich wünsche dem alten Herrn mit Bart alles Gute und eine frohe Feier morgen!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba