Re: Bruce Springsteen – Magic

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saffer38

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So und hier das erste offizielle Review meinerseits (bevor Herr Willander wieder das Jen- und Diesseitige in Onkel Bruce’s Musik transzendiert ,-)

ok, also „Magic“:

Vieles ist erstmal irreführend an Springsteens erstem „Rockalbum“ mit der E Street Band seit 2002! Es ist kein lustiges Pop’n’Rock-Album bei dem Springsteen bunte, modern rockende Songs aus dem Hut zaubert, wie vielleicht der Titel, das Cover und auch die erste Single „Radio Nowhere“ vermuten lassen! Nein, Springsteen und die Jungs (+ Patti, – Soozie) machen sich auf, auf einen dunklen, harten Ritt durch ein staubiges, grimmiges Land. Nach „Radio Nowhere“ als Einstiegsklopfer, bekommt man mit „You’ll be coming down“ und „Livin‘ in the Future“ zwar zunächst einmal vintage E-Street-Band auf die Ohren, wobei bei letzterem schon richtig zu fühlen ist, wie dieser Song eines der Highlights der Tour werden wird (und damit ein würdiger Nachfolger von „Hungry Heart“ und „Sunny day“). Die positive Austrahkung dieser Songs aber ist unbedingt notwendig um etwas Licht ins das dunkle Nichts der Songs zu bringen, die nun folgen: „Your own worst enemy comes to town“ beschwört wieder einmal den größten Feind, dem sich jeder irgendwann einmal stellen muß…dem eigenen Ich! Mit dunkler, matter Stimme bereitet sich Springsteen auf diesen Shoedown vor, während hinter ihm noch einmal die Born-to-run-Soundwand in full effect aufflackert. Auch „Gypsy Biker“ mit seinen rotglühenden Gitarrensoli blickt zurück: Der Held kommt nach Hause (es könnte derselbe Typ aus „Racing in the streets“, „Born to run“ oder sogar „The Angel“ sein), Mary ist auch wieder da, sie zeigt ihm seine kaputte Heimatstadt, in der Johnny (99?) erschossen wurde und in der es nichts mehr lebenswertes gibt. Dazu rocken die Streeters unter einer dunklen, dräuenden Wolkenwand. Danach gibt es ein Wiedersehen mit Sandy an der Seepromenade in „Girls in their summerclothes“. Und auch dieser Titel klingt zwar nach Sonne und Strand, aber in einem späten, milden Sommer!
Der Sound von „Magic“ ist übrigens gewaltig, in Breitwandformat und akustischem HDTV, aber nicht überproduziert! (Obwohl es noch nie so viele Streicher auf einem Springsteen-Album zu hören gab)Wenn man nun mal eine Band mit 10 Musikern hat, dann klingt das halt einfach auch immer etwas fetter, größer und überdimensionaler.
Springsteen weiß die Band jedoch sehr dynamisch einzusetzen, was vor allem beim Titeltrack grandios gelingt: Bruce als alter zotteliger Zauberer, beschwört seine Kaninchen-aus-dem-Hut-Tricks vor einem kargem Backing, in der sogar der Synthie-Sound von „I’m on fire“ noch einmal ausgegraben wird. Und ja, es ist ein Album der Rückbesinnung, des Heimkommens: Springsteen’s Helden sind alle wieder da, sie alle kommen nach Hause, sind müde….but not dead yet! Und auch Bruce fährt die große Homecoming-Gala: In „Long walk home“ sieht er „in the distance the town where I was born“, er singt über die South-Street, seinen Vater und dazu hebt der Big Man noch einmal zu einem Solo mit diesem unnachahmlichen Bobby-Jean-Sound an, ja hier kommen Taschentücher defintiv zum Einsatz! Nach dieser versöhnlichen, tröstenden Musik stößt Springsteen mit dem letzten Track „Devil’s Arcade“ die Tür in die Dunkelheit wieder auf. Mantramäßig und beschwörend (Eddie Vedder hätte es nicht besser gemacht!) stöhnt er am Ende immer wieder „the beat of your heart, the beat of your heart“, während die E-Street-Band hinter ihm noch einmal aufspielt wie am jüngsten Tag!
Als Postscriptum wurde jetzt noch „Terry’s Song“ mit draufgepackt, Bruce’s liebevolle Würdigung an seinen kürzlich verstorbenen persönlichen Leibwächter und Freund Terry Macgovern.
Für dieses Album hat wohl jeder Bruce-Fan so seine Erwartungen, ja sie rockt, ja es ist alles da, was die E Street Band ausmacht! Und trotzdem lohnt es sich „Magic“ losgelöst von aller Vorfreude und Erwartungen zu hören…dann gibt es noch mehr zu entdecken!
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