Startseite › Foren › Kulturgut › Das musikalische Philosophicum › Adaption fremder Musikstile oder: "Können Deutsche auch Country"? › Re: Adaption fremder Musikstile oder: "Können Deutsche auch Country"?
MikkoAllerdings singen sie Englisch und sind auch sonst nicht als deutsche Bands zu erkennen.
Was man durchaus auch als Selbstverleugnung werten kann. Spannend wird es für mich jedoch dann, wenn sich die geliebte Musik, bzw. der Sound der Vorbilder mit der ureigenen Sozialisation, dem Umfeld, der eigenen Identität, etc. verbindet. Ein schönes Beispiel hierfür ist „Grauschleier“ von den Fehlfarben. Neben dem unüberhörbaren musikalischen UK-(Post-)Punk-/The Clash-/Wire-Überbau wird gerade durch den deutschen Text ein eigenständiges und identitätsstiftendes Stück Musik daraus, das weder Herzblut, noch eine gewisse Ehrlichkeit vermissen lässt. „Ein Grauschleier hängt über der Stadt, den meine Mutter noch nicht weggewaschen hat“; das wurde/wird verstanden (und ich spreche nicht von einer Sprachbarriere als Hemmnis) und durchaus auf (s)eine spezielle Art und Weise als „authentisch“ wahrgenommen. Und trotz des frühen Künstlernamens Janie Jones dürfte Peter Hein wohl niemals für sich in Anspruch genommen haben, Sänger der „deutschen Clash“ gewesen zu sein…
Vorbilder zu achten, von mir aus auch zu verehren und Vergleiche wie oben von mir angeführt zu ziehen, bilden nun wirklich keine Gegensätze. Und die Unterschiede, die Du anführtest, wird wohl jeder Künstler, der (noch) bei klarem Verstand ist, wahrnehmen, respektieren und auch kaum aus den Augen verlieren.
Ich weiß, wie dämlich immer wieder diese oftmals hilflosen Versuche sind, Vergleiche zu ziehen, bzw. eine Band/einen Künstler stilistisch zu präsentieren: angefangen vom „deutschen Elvis“, über die „deutschen Beatles“ bis hin zu den „belgischen Joy Division“ und den „spanischen Kraftwerk“ spiegelt solcherlei immer wieder hinkende Superlative, Hilflosigkeit, aber auch ein gerüttelt Maß Ironie wider. Auch wenn es ärgerlich ist, wirklich ernst nehmen darf man das nicht. Ich kenne nun das Ego, bzw. die Psyche von Herrn G. Gabriel nicht, aber ich denke, so vermessen ist selbst der Mann nicht, um sich auf „Augenhöhe“ von Johnny Cash zu wähnen.
Schon bei der Verwendung der deutschen Sprache wird’s wieder problematisch.
In sehr vielen Fällen sicherlich. Grausliche Beispiele natürlich die eingedeutschten Popsongs, deren sich eine Menge Schlagersänger in den Siebziger Jahren bedienten. Aber grundsätzlich habe ich persönlich keinerlei Berührungsängste. Aber meine Hörgewohnheiten wurden ja auch von der „wahren NDW“ nicht unerheblich geprägt. Aber das weißt Du ja…
Nur ist das dann etwas Neues und ein Vergleich mit dem ursprünglichen Original macht keinen Sinn mehr.
Im Prinzip hast Du mit dieser Aussage Recht. Jedoch darf man eines nicht vergessen, selbst ein aus verschiedenen Stilen hervorgegangenes neues Genre wird irgendwann einmal zu einem besagten „Original“. Und dies ist gewiss kein alleiniger Prozess oder eine Erfindung der jüngeren Pophistorie. Als zu einer gewissen Zeit aus der Verschmelzung verschiedener Stilrichtungen schliesslich Rock’n’Roll entstand, war das Gezeter irgendwelcher Authentizitätsfanatiker sicherlich auch laut und vernehmlich…
Ich bin kein Stilpurist – ich empfinde den musikalischen Fortschritt und die Erweiterung, bzw. Öffnung der Genres stets als wahren Segen. Von daher liegt mir Gralshüterei nicht sonderlich. Jedoch ziehe ich auch nicht so oft Vergleiche. Aber ich gebe gerne zu: die mediale Erwähnung der x-ten angeblichen Joy Division-Gedächtnisband nervt auch mich…
--
I mean, being a robot's great - but we don't have emotions and sometimes that makes me very sad