Re: Der Dialekt-Thread

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gypsy-tail-wind
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Kostproben aus dem „Zürifäschtgruess 1956“ – politisch nicht immer korrekt … die Erläuterungen stammen auch aus diesem kleinformatigen Heftchen, das damals verkauft wurde.

Beeri – müde, uninteressante, dumme Frau. Noch müder: Verschüttbeeri. Die Wunderfrau dagegen: Superdüse
Chlagemur – Barmaid
Dänkwärzli – Kopf; de Mitässer uf em Hals: Hierzu: Er hät nu en Chop, damit em de Hals nid usfranslet.
Doches maloches – das berühmteste Zitat aus dem „Götz von Berlichingen“. „Du chasch mir ja von Hus uf am Doches maloches.“
Fangise – Ehering
geischtig obdachlos – dumm; geischtig underernährt, linggsgschtüret
goldig – Modewort wie: mächtig, maxiparamidal, elefantös, mammutistisch, velopompal, interplanetar
Gotthardchinese – Tessiner. Der St. Galler aber heisst Bodeseefranzos, der Zürcher Limmatkosak, der Schwyzer „ein us em Kanton Mord und Totschlag“.
Gröllhaldesaxophon – Alphorn. Das Hornussen: Statosphärenpingpong.
habere – essen; auch: butte, öppis in Grind ie-trucke, spachtle. Verusse habere: vorstehende Zähne haben.
Maumau-Schweiss – Kaffee. Auch: Negersuser, Wolkebruch.
Rännbahne um d’Auge – Augenringe. Auch: Vergnüegigskurve.
Rollade – Augendeckel; die Augen schliessen: de Rollade abe-la.
Wurzelbunker – vegetarisches Restaurant
Zwibackfräsi – Motorroller.

Hornussen begreife ich übrigens auch nicht … aber es gibt eine goldige Wiki-Seite:
http://de.wikipedia.org/wiki/Hornussen_(Sport)

Das Götz-Zitat scheint aus einem Marktfahrer-Jargon, so scheint es … genauer aus einer Händlersprache namens Bleisle:
http://books.google.ch/books?id=GVoZ6tR1MocC&pg=PA193&lpg=PA193&dq=h%C3%A4ndlersprache+bleisle&source=bl&ots=7coOgOUGh6&sig=4hjvm5M8lazvYZw4lbsp_hJBwAo&hl=en&sa=X&ei=BovaUfuXGYXfOIGggOAE&ved=0CCwQ6AEwAA#v=onepage&q=h%C3%A4ndlersprache%20bleisle&f=false

In der Liste dort (ab S. 195) findet sich noch ein anderes Wort, das hier immer noch gängig ist: „blääche“ (plääche) für bezahlen (für einen Schaden … aber bei mir kann das auch „bezahlen“ heissen, etwa bei der Frage „Wieviel musstest du bezahlen?“, die dann heisst: „Wieviel häsch müese blääche?“ oder „Wieviel häsch bläächet?“). Gemäss dem Heinz Gallmanns „Zürideutschem Wörterbuch“ (NZZ Verlag, Zürich 2009) stammt das Wort aus der Studentensprache, „geht aber zurück auf den Begriff Blech in der Gaunersprache (15. Jh.), ‚kleine Münze‘, dann auch ‚Geld‘ bedeutend.“, S. 109).

Das „Beeri“ findet sich da auch noch mit einer fünften Bedeutung (die erste ist klar, die zweite steht für Trauben, die dritte für Fingerbeeri, die vierte für „eine runde, dicke Nase“): „zimperliches oder ungeschicktes Mädchen (ugs.)“ (S. 106). Durchaus noch im Gebrauch, in diesem Sinn. Und eine Überschneidung mit der obigen Definition ist durchaus da.

Auch die Wörter für „essen“ sind meist durchaus noch im Gebrauch: habere, schpachtle, öppis in Grind ie trucke – versteht der gemeine Zürcher auch heute noch bestens.

Die unschönenn Synonyme für Kaffee allerdings habe ich allesamt nie gehört, auch nicht in den Achtzigern als kleiner Junge, als man durchaus noch von „Negern“ redete. „Türkentrank“ oder sowas in der Art hörte man allerdings noch hie und da. Im Wörterbüch finden sich die Begriffe „Türgg“ (im Militär sehr geläufig, kann für einen Marsch, eine Übung, ein Manöver stehen – so die Definition – aber umgangssprachlich auch für andere Aktivitäten, die der Sprechende nicht sonderlich schätzt … die Fahnenzeremonien, die ich als Angehöriger der Armee-Musik öfter erleben musste, hiessen ganz einfach „Faanetürgg“), dazu „türgge“ für marschieren, exerzieren, „Türgge“ für Mais, Maismehl bzw. Maisspaise, Polenta; „Türggebroot“ für Maisbrot, dazu „Türggemääl“ und „Türggemues“; „Türggecholbe“ für Maiskolben; „Türggechriesi“ für Pflaume“ – aber das alles habe ich noch nie gehört.

Und beim Weiterblättern lese ich noch andere schöne Dinge … „Er hät wenig Land bim Huus; s chönt s äine überbrünzle.“

Und weil Franz neulich an den Kafiraamteckeli so grosse Freude hatte: zum „Teckel“ gibt’s auch noch die nette Sache, „äim äis uf de Teckel gèè“. Und „Teckelschnägg“ steht sowohl für Weinbergschnecke als auch für Nonne (aber das habe ich auch noch nie gehört). Und „teckelät“ (nicht im Wörterbuch) heisst betrunken.

Und noch ein letztes … oder ein paar:

„troole“: rollen, kullern (z.B. ein Kind, den Hang hinab) (zudem: abetroole, umetroole, devootroole, inetroole, umtroole, umetroole, usetroole, vertroole, zämetroole)
„trööle“: rollen, walzen (ein Fass); trödeln, hinauszögern, hinhalten (er tröölet gärn); prozessieren (kenne ich in der Bedeutung mal wieder nicht) (dazu hier dann auch: umetrööle, vertrööle – herumtrödeln, vertrödeln)
„Trööli“ (oder „Trööler“) ist dann der Trödler und für Prozesssüchtigen gibt’s eine „Tröölerbuess“

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #163: Neuentdeckungen aus dem Katalog von CTI Records (Teil 2), 13.5., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba