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Herr RossiGenauso ist es. Geschriebene und gesprochene Sprache sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Natürlich beeinflussen sie sich wechselseitig, aber sie haben ihre eigenen Gesetze. Wann immer eine Sprache verschriftlicht wurde, war das ein schöpferischer Akt, bei dem etwas Neues entstand. Jakes Theorie vom „kleinsten gemeinsamen Nenner“ greift einfach zu kurz.
Es ist natürlich nachvollziehbar, dass gerade in Staaten mit zentraler Verwaltung wie im frühen Ägypten oder China die Zentralregierung ein Interesse daran hatte, eine einheitliche Schriftsprache zu benutzen und auch zu gestalten, die überall verstanden wurde. Wichtig war dabei, dass die hohen Würdenträger bzw. Beamten diese verstanden, der Bauer auf dem Feld war dabei weniger wichtig.
Die Herausbildung von Hochsprachen muss aber natürlich nicht zwangsläufig etwas mit Regierungen zu tun haben (siehe Luther). Es ist jedenfalls ein enorm kreativer Prozess. Wichtig ist die unterschiedliche Tendenz: Während Dialekte auf kleinräumiger Ebene identitätsstiftend wirken (indem sie bzw. zur Abgrenzung benutzt werden), wirkt die Schriftsprache auf „nationaler“ bzw. überregionaler Ebene identitätsstiftend. Auch das gilt nicht überall und zu allen Zeiten, die Wichtigkeit der Schriftsprache sollte aber nicht unterschätzt werden.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.