Re: Der Dialekt-Thread

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otis
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MikkoWas den Gebrauch von Dialekten betrifft, kommt wohl noch dazu, dass es generell immer noch als eher rückständig, provinziell, unmodern oder als Zeichen von niederer Bildung gilt, wenn man stark dialektgefärbt spricht.

Ich denke, dass das regional recht unterschiedlich ist. Ich kannte in meinem Leben z.B. kaum Kölner, die sich ihres Dialektes geschämt hätten, ihn unmodern gefunden hätten oder rückständig. Oder nimm den Balina! Wahrscheinlich käme auch kein Bayer, Franke oder Saarländer auf diese Idee. Andernorts aber mag das sehr wohl der Fall sein. Ich konnte als Kind recht gut niederdeutsch, wuchs aber in einer kleiner Sprachinsel auf, so dass mein „Dialekt“ schon wenige Kilometer weiter weg „falsch“ war. Ich habe ihn dann nicht mehr gesprochen und war froh auf dem Gymnasium in eine hochdeutsche Welt zu geraten.

Manche Dialektsprecher provozieren allerdings den Verdacht der Rückständigkeit dadurch, dass sie stark Dialekt sprechen und zwar auch dann, wenn sie mit Dialekt-Unkundigen reden. Hier gibt es doch nur drei Alternativen der Diagnose für den so Ange“sprochenen“: der Sprecher ist zu blöd fürs gemeinsame Hochdeutsch oder er hat ein unkommunikatives, leicht asoziales Wesen oder aber er trägt eine solche Arroganz des Heimatbewusstseins zur Schau, dass es ebenfalls ziemlich unappetitlich ist.

Nicht, dass man mich falsch versteht: Ich habe nichts gegen Dialekte, erfreue mich ihrer, kann Jakes Argumentation in Teilen nachvollziehen, aber im Gespräch mit Dritten erwarte ich auch von Dialektsprechern, dass sie sich auf eine gemeinsame Sprache einlassen.

Dass Dialektsprecher intelligenter seien, sei dahin gestellt, „Zweisprachler“ in der Ausnutzung ihrer Intelligenz, ja. Das gilt auch und insbesondere für Musiker.
Dass der Wortschatz in Dialekten größer sei, halte ich für fragwürdig. Da, wo es viele Deppen gibt, gibt es natürlich viele unterschiedliche Deppen und also auch verschiedene Wörter dafür. Denken wir an die vielen Wörter für „weiß“ bei unseren Freunden aus den Iglus. ;-)
Dass Dialektsprecher im Dialekt eher Zwischentöne mitzuteilen wüssten als in der Hochsprache, glaube ich gern, das mag aber auch mit der gesamten kommunikativen Situation vor Ort zusammenhängen. Ich denke, unsere Hochsprache erlaubt reichlich Zwischentöne und ich halte sie keineswegs für eine kleine Schnittmenge. Ich liebe das Hochdeutsch.

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