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Whole Lotta Pete…. interessiert mich eben eher die Frage, was die Download-Einzeltracks für eine Entwicklung anschieben…
Es ist doch zunächst klar, dass die allseitige Verfügbarkeit eines Gegenstandes – in diesem Fall eines Kunstwerkes – zunächst den Wert desselben mindert. Wenn etwas an jeder Ecke umsonst zu bekommen ist, dann wird es zwangsläufig weniger wert.
Dies bedeutet für Musik und allgemein kreative Leistungen natürlich auch die Abwertung der individual- und sozialpsychologischen Bedeutung. Denn erstens ist es überall zu haben, und zweitens kann es auch jeder erstellen, was die Qualität des Vorhandenen bei allem demokratisch-emanzipatorischen Impuls nicht gerade hebt.
Das wiederum fokussiert automatisch das Interesse vieler, wenn es denn überhaupt noch hängen bleibt, auf kurze, überschaubare Einheiten – wer will schon lange rätseln, ob das, was er da hört, dann irgendwann einmal irgendeiner Qualitätsnorm entspricht, ob es sich lohnt darauf einzulassen, ob es das also „wert“ ist. Das nächste liegt ja direkt nebenan. Insgesamt wird die Wahrnehmung angesichts der Fülle des Angebots – das ja zusätzlich durch konkurrierende Angebote wie vor allem Spiele befeuert wird – zwangsläufig oberflächlicher, „flüchtiger“.
Das hat übrigens seit den End-90ern zu einer enormen Zunahme der gefühlten Geschwindigkeit des sozialen Wandels geführt, obwohl dies merkwürdig ungedeckt durch die real festzustellenden sozialen Entwicklungen ist (zumindest in Europa und Nordamerika, in Asien sieht es anders aus – es könnte sich also um ein peripheres Phänomen der dortigen Epochenumwälzung handeln, Stichwort Globalisierung).
Was das für das Album bedeutet? Wer kümmert sich denn überhaupt um solche Dinge? Die Diskussion um Alben hatte möglicherweise noch in den 70er Jahren eine mehrheitliche Relevanz in der westlichen Jugendkultur, bereits mit Punk/New Wave, ja selbst mit der sehr ambivalenten NDW wurde das Album doch als Maßstab abgelöst – im Übrigen nicht durch musikalische Dinge wie etwa Singles, sondern durch Stil/Mode/Pose. Nach einer starken Depressionsphase ab Ende der 80er, um die 90er Wende herum (Grunge) dann in den 90ern durch Computerspiele, ab 2000 durch das Web.
Alben sind mithin schon lange eine Minderheitskultur. Sie werden es absehbar auch bleiben. Für Musikliebhaber werden sie aber wahrscheinlich weiter ihre Bedeutung behalten, als längere, auf welche Art (u.a. zeitlich, konzeptionell, technische Phase) auch zusammenhängende Werke eines Künstlers. Ob man das aber noch lange Alben nennen wird?
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The only truth is music.