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Vom zeitlichen wie optischen Rahmen gab es ja hie und dort schon einiges zu lesen: Opulenz das Stichwort…um die 2 1/2 Stunden wurde netto gespielt, 20 Minuten Pause (wie es sich für die große Pop-Oper geziemt); bunte modische Vielfalt – vom grünen Glitzer-Glam-Dress über die obligatorisch bajowarischen Lederhosen, den weißen Bademantel bis hin zur „strengen“ Drag Judy, „Get Happy“ tanzend (http://www.youtube.com/watch?v=2U-rBZREQMw) – war ebenso im Angebot.
Fashionwise wurden auch der Band Hippietum, Schillerndes, Anzüge befohlen.
Und diese Band spielte grandios. Ich hätte nicht gedacht, dass die orchestralen Arrangements von „Release the Stars“ derart subtil von Bläser-Trio, Piano, Banjo, E-/Akustik-Gitarre und Rhytmus-Sektion auf die Bühne übertragen werden können. Beweise dafür waren z.B. die kongenialen Umsetzungen der Stücke „Do I Disappoint You“ oder „Leaving for Paris“, letzteres überzeugte durch sein musikalisches Einfallsreichtum, indem es die romantisch-avantgardistischen Streicherpartituren für Blasinstrumente, E-Gitarren und Kontrabass übersetzte.
Natürlich obsiegte an manchen Stellen ein wenig der stampfende Bombast, aber dies fügte sich (wie aufmerksamkeitsheischende Showtunes im Jahrmarktszelt) locker in das Gesamtkonzept Rufus Wainwright ein, wurde immer wieder durch atmosphärisch intensive Solo-Nummern mit Klavierbegleitung konterkariert. Und Wainwrights Stimme zähle ich zu den stärksten und klarsten Live-Stimmen (man versteht jede Silbe) unserer Zeit, erinnere dabei an seine eindrucksvolle Intonation eines Folk-Liedes („Macushla“) ohne Mikro-Unterstützung (http://www.youtube.com/watch?v=U6269JDdW9E).
Das Schöne an seinem Auftritt war für mich die in jeder Hinsicht überzeugende Präsentation absolut individueller Noten eines Künstlers, der tatsächlich so etwas wie eine Brücke zwischen Pop und „moderner Klassik“ zu bauen imstande ist. Neben dem Kitsch (im positiven Sinne) mit allen Ecken und Kanten, die dieses Unterfangen benötigt.
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"Wenn man richtig liest, löst man einen innerlichen kreativen Prozess aus. Die meisten Leser inszenieren einen Film. Weswegen es überhaupt kein Wunder ist und mediengeschichtlich konsequent, dass der Roman des 18. und 19. Jahrhunderts in die Erzählkino-Kultur des 20. Jahrhunderts übergegangen ist." (Peter Sloterdijk)