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Durchweg kluger Artikel, besser als mit „Behäbigkeit“ und „ästhetische Indifferenz“ kann man die Charakteristika deutschen Films sowieso nicht dingfest machen. Falls in der FAZ öfters so prägnant und gebildet über Kino nachgedacht wird (Respekt für den Abschnitt über Genrearbeit. Ich glaube so etwas verständiges habe ich hierzu in deutscher Sprache noch nie gelesen, außer wenn Dominik Graf mal wieder über Sam Fuller schreibt natürlich) will ich ein Abonnement. Bis dahin die zwei besten Passagen:
Die Bilder: Was in der Sprache zwanghaft kurze Sätze und ausschließlicher Gebrauch von Hilfsverben sind, das ist dem Fernsehen die Bildgestaltung. Wer einen Dialog dreht, sperrt die Sprechenden ein in einen öden Verhau aus Schuss und Gegenschuss. Wer spricht, tut dies in die Kamera, wer zuhört, ist nicht zu sehen. Vom sogenannten Mastershot, der zwei Dialogpartner in einer Halbtotale zeigt, welche Körpersprache und Reaktionen sichtbar macht, ist auch in deutschen Kinofilmen wenig zu sehen. Weite, ein Horizont, vor dem Charaktere Welthaltigkeit gewinnen, ein dramaturgisch durchdachter Umgang mit Räumen, das alles ist entbehrlich, weil auf dem kleinen Bildschirm eh nicht viel davon übrigbleibt.
Und:
Wo Kriterien wie Konsensfähigkeit und der kleinste gemeinsame Nenner herrschen, wo Risikoscheu sich zwanglos zu Denkfaulheit gesellt und formale Innovation als verwirrend oder schwierig denunziert wird, da sind weder in der Kunst noch im Entertainment jemals große Dinge entstanden. Das Fernsehen verwandelt ungerührt alles in Stoffe, denen es seine Form aufdrückt. So zerstört es auch die Orte und die Geschichte. Es gibt keine Schauplätze mehr, keine Städte, die als eigene Charaktere sichtbar würden, und vor lauter Authentizitätsbesessenheit wirkt jede historische Rekonstruktion kulissenhaft und steril.
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A Kiss in the Dreamhouse