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Dennis Blandford@ bullit: mit „breiterer Zuschauerbeteiligung“ meinte ich die Tatsache, dass der Wandel öffentlicher wahrgenommen wurde als z.B. bei anderen fehlgeleiteten Jugendlichen, bei denen sich eine Wendung hin zur sozialen Intelligenz wohl eher in einem engeren Umfeld vollzieht. Bei den Onkelz war quasi zwischen zwei Longplayern die Matte bzw. die Metalattitüde da. Etliche verfängliche Tattoos aus den frühen Achtzigern blieben allerdings.
Okay, hatte ich falsch verstanden. Das ist natürlich richtig. Die Wandlung vom Saulus zum Paulus vollzog sich allerdings nicht ganz so schnell. Die Matten kamen ja nicht erst pünktlich zu „Heilige Lieder“, sondern waren schon ca. fünf Jahre früher da, fast unmittelbar nach dem Ausstieg aus der Skinheadszene.
pinchVielleicht, weils dann doch zu fadenscheinig, zu berechnend, zu schal und letztlich auch zu unbeholfen, zu dumm und zu unglaubwürdig war? (…)
Ein 50:50 Coup auf den man da letztlich setzte, im Prinzip aber nur ein ganz billiger Schulterschluss mit anbiederndem Pseudo-Gutmenscheln.
Genau das meine ich ja, wie kommst du zu dieser Einschätzung und warum hat sich diese Wahrnehmung allgemein durchgesetzt?
Was genau war fadenscheinig und berechnend? War diese Vorgehen reines Marketing-Kalkül? Konnte man den späteren kommerziellen Erfolg in den 90ern bereits 1986 absehen? Die Distanzierung der Band erschienen mir weder damals noch heute missverständlich und einen 50:50 Schulterschluss erkenne ich genauso wenig wie eine plötzliche Gutmensch-Karriere (wobei ich die Karriere der Band seit 1993 nicht mehr verfolgt habe, gut möglich, dass ich da was verpasst habe). Weidner wies Anfang der 90er Jahre während Konzerten darauf hin, dass jeder, der seinen Arm hebt oder politische Parolen von sich gibt umgehend rausfliegt oder die Band aufhören würde zu spielen. In zahlreichen TV-Auftritten und Interviews wurde sich in aller Deutlichkeit von der frühen politischen Gesinnung distanziert. Interpretationsspielraum ist dort nach meiner Ansicht schlicht und ergreifend nicht gegeben. Saubermänner wie Campino, Grönemeyer oder Die Ärzte wurden aber nicht müde die Glaubwürdigkeit der Band anzuzweifeln, womit wir bei der Namensänderungsdebatte wären. Dass sie ich anschließend in ihrer Opferrolle gesuhlt und sich unentwegt als Märtyrer haben feiern lassen, ist ein anderes Kapitel.
Leider wird die Diskussion über diese Band in der Öffentlichkeit stets reflexartig von den selben hohlen Totschlagargumenten begleitet, die eine sachliche oder gar konkrete Auseinandersetzung unmöglich machen und ironischerweise die Dummheit der Band entlarven wollen (damit will ich hier niemanden direkt ansprechen, stört mich nur ganz allgemein). Forderungen nach Schließung des Threads, Boykottaufruf oder „Ignorefunktion“ für Sternewerfer finde ich ziemlich daneben. Werden als nächstes Diskussionen über Slayer und Guns N´Roses untersagt oder Filme mit John Wayne aus den entsprechenden Foren verbannt?
Auf ihrer Homepage finden sich übrigens in einer „Timeline“ unzählige Video- und Tondokumente aus den Jahren 1980 – 2005. Darunter Interviews mit Biolek, Alice Schwarzer, Steve Blame etc. Für alle die sich zur Diffarmierung genötigt fühlen vielleicht einen Blick wert.
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