Re: Stromberg

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Anonym
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(hierfür muss ich mal ausholen)

War die letzte Folge repräsentativ für die ganze Serie? Weil ich früher immer nur mal kurz reingeschaltet habe, dann wurde es mir immer „zu viel“. Gestern Nacht habe ich mir dann mal die Wiederholung der letzten Folge angeschaut und ich glaube, ich weiß jetzt etwas besser, was mich daran stört (ich kenne das UK-„Office“ nicht, vielleicht fehlt mir da Referenzpunkt, so kann ich das ganze jedenfalls nur mit der US-Version vergleichen, um zu verdeutlichen, was ich sagen will).

Irgendwie sind die ganzen Charaktere für mich zu überzeichnet. Sicher, in der US-Version von „The Office“ sind einige Charaktere auch recht extrem, aber wo Dwight zwar ein Kauz ist, kommt bei ihm der Charakter doch größtenteils daher, dass er einfach in jedem Moment ehrlich und aufrichtig ist, auch zu sich selbst, wenn es darum geht, wer er ist. Er mag zwar seltsam sein, aber er steht dazu und akzeptiert ist und das macht ihn liebenswürdig. Wohingegen Ernie mir einfach in jedem Moment wie ein Vollidiot vorkommt (wie gesagt, ich urteile nur von den Ausschnitten, die ich gesehen habe und von der letzten Folge). Oder der Boss: Michael Scott ist zwar eine Nervensäge, aber im Grunde wird er auch immer nur davon angetrieben, gemocht zu werden. Stromberg ist doch einfach nur’n Arschloch. Vielleicht habe ich irgendwas wichtiges verpasst, wo der Charakter näher erklärt wurde, aber so ist es einfach schmerzvoll, da zuzuschauen. Die US-Figuren (sorry, ich höre ja gleich auf damit, ich habe auch wirklich versucht, „Stromberg“ ohne irgendwelche Vergleichspunkte zu sehen und es nur für sich selbst gelten zu lassen) wirken zu jedem Augenblick realer, bei „Stromberg“ recht eindimensional und überzeichnet (das „Überzeichnet“ schreibt jemand, der bei einer Geschichte über einen Abenteurer, der mit seinem Übersetzerzwerg und einem redenden Busch durchs Weltall fliegt, um an einem Kochduell teilzunehmen, mitgeschrieben hat). Und ständig muss wieder darauf hingewiesen werden, dass das ganze eine Pseudo-Doku ist, was das alles ja „so real“ erscheinen lässt. Warum muss Stromberg bei jeder Gelegenheit rausgehen, und irgendjemanden beleidigen, wenn die Kameras laufen und dann, wenn er in die Kameras schaut, nicht etwas zurückschrecken und sich entschuldigen, sondern nervös werden (schauen wir im Wörterbuch mal unter „nervös“ nach, da steht: „kichern, sich an die Krawatte greifen, weiter beleidigen“)? Gibt es dafür irgendeine Erklärung? Oder einfach nur, weil er ein Arschloch ist und es eben viele Arschlöcher da draußen gibt, die grundlos rumpoltern? Mir kommt das so vor, als hätte sich jemand hingesetzt und gesagt „Okay, jetzt machen wir mal was ganz anderes, wir drehen eine Comedyserie mit echten Charaktern, so wie meinem alten Chef, das war total das Arschloch.“, was ja grundsätzlich eine feine Sache ist, ich finde es ja auch toll, dass mal etwas anderes im deutschen Fernsehen probiert wird und man damit anscheinend auch Erfolg haben kann, aber irgendwie scheinen sie das recht überhastet gemacht zu haben, weil die Figuren für mich nirgends verankert wurden und einfach so sind, wie sie sind. Vielleicht liegt es auch an den Schauspielern, aber die wirken so, als hätten sie nur ein beschreibendes Wort zu ihrem Charakter bekommen („Ernie: Depp, Stromberg: Arsch“, an die anderen kann ich mich nicht so recht erinnern, das sollen dann wohl die „realen“ Figuren sein) und damit müssen sie eben auskommen. Es gibt auch ab und zu gute Momente, in denen ich gelacht habe, aber kurz danach wird dann wieder mit dem Holzhammer gearbeitet, da schreien einen die Witze geradezu an, man könnte fast meinen, die Autoren würden mich für zu dumm halten, mal einen etwas subtileren Witz einzubauen. Dabei steht das Wort doch in jeder „Stromberg“-Rezension, die ich je gelesen habe und die mir soviel Vorfreude darauf gemacht hat (vielleicht habe ich auch einfach zu viel erwartet?)! Theoretisch sollte ich „Stromberg“ mögen, aber irgendwas ist schiefgelaufen. Sicher, „Stromberg“ ist noch subtiler und besser als die allermeiste deutsche Comedy, aber reicht das aus? Sollte so ein Ödland der Unwitzigkeit wirklich die Messlatte sein, wenn man mal etwas anderes machen will?

Ich will euch auch wirklich nicht die Freude daran nehmen, wenn es euch Spaß macht, schön, und vielleicht kriegen die Programmchefs der Fernsehsender so auch mal den Mut, andere Sachen auszuprobieren, aber…verdammt, ich wollte es doch mögen. Habe ich etwas falsch gemacht? Sollte ich mir ältere Folgen ansehen?

Puh, jetzt gehe ich wieder in den Keller und spiele Ping Pong mit der Wand…

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