Re: Pharoah Sanders

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gypsy-tail-wind
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Irgendwann 1971 nahm Sanders Live at The East auf, ein bis heute vernachlässigtes aber sehr schönes Album, das anscheinend nicht wie der Name sagt live im New Yorker Klub „The East“ eingespielt wurde sondern mit Publikum in den A&R Studios in Brooklyn.
Die Band ist fast identisch mit jener auf „Black Unity“: Hannibal, Carlos Garnett, Joe Bonner, Stanley Clarke, Cecil McBee, Norman Connors, William Hart und Lawrence Killian, sowie – leider nur als Vokalist zu hören – Harold Vick. Garnett scheint sich auf die Flöte zu beschränken.
Die erste Hälfte des Albums besteht aus dem 21-minütigen „Healing Song“, der mit einem Coltrane-artigen hymnischen Rubato-Intro von Sanders über gestrichene Bässe und Gesang (anscheinend Vick und Garnett) beginnt. Es folgt ein schönes Piano-Solo von Bonner, immer noch im Rubato und mit dichter Begleitung durch die Bässe und die Perkussionisten. Nach ziemlich exakt fünf Minuten fällt der eine Bass in ein eingängiges Lick, derweil der andere (vom Sound her eher Clarke) darüber soliert – sehr schön! Langsam bauen Perkussion, Drums und schliesslich das Piano dazu ihre Begleitung wieder auf. Bonner soliert erneut, die Stimmen tauchen auch wieder auf… alles sehr simpel gestrickt, aber irgendwie funktioniert das hier vergleichsweise sehr gut, die Atmosphäre ist jedenfalls toll! Es folgt dann Hannibals Trompetensolo, der Stimmung perfekt angepasst, sehr nachdenklich-lyrisch und warm. Nach ein paar Minuten schleicht Sanders sich mit kreischenden Schreien am Tenorsax ein, das Bass-Lick hat sich langsam zersetzt, der Beat aufgelöst, Bonner spielt freie rhythmisierte Akkorde und kleine Figuren wie Tyner sie gegen Ende seiner Zeit mit Coltrane gespielt hat. Das Bass-Lick schleicht sich nochmal rasch ein, dann folgt Sanders‘ Coda, ganz wie zu Beginn, hymnisch, aber auch intensiv im Falsett schreiend – wieder dieser typische Wechsel zwischen enorm lyrischem Spiel und wilden, ungebändigten Emotionen.
Die zweite Seite enhält zwei kürzere Stücke, „Memories of J.W. Coltrane“ (John Coltrane gewidmet, dessen zweiter Vorname William war) und „Lumkili, Part 1 & 2“. „Memories“ beginnt mit den beiden Bässen, wieder sehr schön, begleitet vom vermaledeiten Harmonium (Bonner) dazu zuerst diversen Perkussionsinstrumenten, dann weniger Perkussion und viel Stimmen… auch das Balafon (Killian) ist wieder zu hören. In der Hälfte des fast 13-minütigen Stückes setzen dann für einen kurzen Moment ein paar Bläser ein, Garnett an der Flöte, Peterson… der Bassist im linken Kanal (vermutlich McBee) greift zum Bogen… das Stück bleibt sehr ruhig, eine Ode an Coltrane… und so geht’s auch in „Lumkili“ weiter, mit Sanders am Sopran, der über den Bässen und den Piano-Fills mal wieder im langsamen Rubato das Thema vorträgt. Perkussion und Drums sind hier enorm zurückhaltend, das Stück gehört ganz Sanders, einzig die Bässe glänzen mit ihrer virtuosen, aber nie die balladeske Stimmung störenden Begleitung.
Ein Album, das man auch langweilig nennen könnte, das für mich aber gelungen ist, weil es eine Stimmung setzt und die dann durchhält – und das im Gegensatz zu anderen Alben (v.a. natürlich dem aus derselben Zeit stammenden „Black Unity“) fast ohne Hänger hinkriegt.

Im September 1973 nahm Sanders über mehrere Tage live im Ash Grove und in Wally Heiders Studio in San Francisco das Album Elevation (das ich oben im Thread bisher immer „Revelation“ genannt habe – entschuldigung!) auf, das in der Originals CD-Reihe von Universal neu aufgelegt worden ist.
Das Titelstück ist mit 18 Minuten Dauer das längste. An Sanders Setie sind Bonner (p, cow horn, wood fl), Calvin Hill (b), Killian (bell tree, cga), John Blue & Jimmy Hopps (perc) sowie Michael Carvin (d). Ein simples Riff unterlegt Sanders‘ am Tenor präsentiertes Thema, aus dem er ein sich langsam entfaltendes Solo kreiiert, das bald enorm intensiv wird. Bonner folgt mit einem perkussiven Piano-Solo, dann Calvin Hill, der nächste in Sanders‘ toller Reihe an Bassisten, derweil Bonner zu seiner Holzflöte greift.
Das zweite Stück, ein kurzer Gruss an Saud (McCoy Tyner), ist das einzige, das im Studio eigespielt wurde – es fügt sich als eine Art Coda an, getragen von Bonners Piano, das umgarnt wird von vielen feinen Perkussionsklängen (Sanders, Carvin, Hopps, Killian, Kenneth Nash) sowie Michael Whites Violine und Calvin Hills Tambura. Ein Sedatrius Brown ist anscheinend zudem als Vokalist zu hören.
Die zweite Hälfte beginnt mit dem fröhlichen „Ore-Se-Rere“ (das einzige nicht von Sanders stammende Stück, es stammt von Chief Ebenezer Obey), einem simplen Riff-Stück, das Bonner über Rhythmen, die irgendwo zwischen Highlife und Calypso anzusiedeln sind, und einem Bass-Ostinato präsentiert. Die anderen spielen diverse Perkussionsinstrumente und sind zudem als Vokalisten zu hören (Sanders wohl im Lead?). Das Herzstück der zweiten Seite ist dann „The Gathering“, das fast 14 Minuten dauert. Das Tempo ist schnell, die Rhythmen dicht, mit viel Perkussion und Gesang (Sanders, Killian, Blue, Carvin spielt Drums). Bonner soliert am Piano, bis sich die Musik verdichtet, zu einem einzigen Klang wird und Sanders schreiend am Tenor einsteigt… dann löst sich die Musik auf, lässt Sanders Raum für ein grossartiges Solo. Hill folgt dann mit einem kurzen Bass-Solo, derweil Sanders wieder zur Perkussionswolke stösst. Bonner folgt am Piano, wieder über einen typischen einfachen Groove, von Perkussionsinstrumenten umrahmt. Dann führt Sanders am Tenor das Stück mit dem hymnischen Thema zu Ende… dabei fällt wieder sein recht schwar konturierter Ton auf, wenn er konventionell spielt – das hat er sich wohl in späteren Jahren erst richtig antrainieren müssen. Zum Abschluss folgt „Spiritual Blessing“, ein kürzeres Stück, das Sanders am Sopran präsentiert, derweil Hill und Bonner wieder zu Tanbura und Harmonium greifen… bestimmt nicht die erfolgreichste Fusion von Jazz und indischer Musik…
Insgesamt ist das Album wieder ein Gemischtwarenladen im Stil von „Thembi“ – aber nicht annähernd so erfolgreich wie dieses.

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