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gypsy tail windIch glaub ich hab’s irgendwo in dem halben Dutzend Alben, die ich in irgendeiner anderen Form auch noch habe… mal sehen ob ich’s finden kann in den nächsten Tagen.
Mit Hicks, Lundy und Muhammad dürfte das genau der Typ von post-Coltrane-Mainstream sein, der Sanders seit einiger Zeit macht (wenn er nicht grad in Klubjazz-Gefilde abtaucht mit seinem weissen Rauschebart). Hab damals (1998 oder 99?) ein Konzert von ihm gehört in Zürich, das am Radio gesendet wurde, das ging wohl auch in die Richtung (William Henderson III war am Piano, an die anderen beiden kann ich mich nicht mehr erinnern). Fand das damals auch ziemlich toll, aber heute erwarte ich eher, dass es mich auf solidem Niveau langweilt.
schöner thread hier, der mich in einer meiner durchaus regelmäßigen sanders-euphorien stürzt. AFRICA ist, obwohl ich verstehe, was du mit post-coltrane-mainstream meinst, eines meiner lieblingsalben von ihm.
wobei ich erst mal grundsätzlich erklären muss, dass ich sanders nicht wegen seines abwechslungsreichtums, seiner virtuosität oder seiner innovativität wegen mag, sondern vielleicht genau für ein paar dinge, die du „langweilig“ findest: seine auratische präsenz, die ich momentan unter jazzmusikern ohne vergleich finde, sein eigenartiges pendeln zwischen explosion und kitsch – aber ich mag auch dieses unendlich ausgewalzte herumhängen auf zwei akkorden, was er gerne zum ende eines stücks macht. ich glaube ihm einfach jeden ton, er ist völlig selbstgenügsam in seiner merkwürdigkeit und seiner originalität. ich weiß, dass saxophonisten wie thomas borgmann eine riesenbewunderung für seinen ton haben.
aber AFRICA hat noch spannendere facetten. natürlich ist das vom ersten (übrigens grandiosen) ton an eine fortschreibung des coltrane-quartetts, bei dem sanders nicht dabei war. john hicks, den ich ja sehr mag, kommt sehr von tyner her, muhammad hat eine vergleichbare, zum pianisten kontrastierende schwere wie elvin jones. trotzdem ist die platte sehr abwechslungsreich. der tatsächliche zwei-akkord-knaller YOU’VE GOT TO HAVE FREEDOM bleibt über zehn minuten sehr lebendig, vor allem durch hicks‘ immer dichter werdenden soli, die sanders nur ab und zu unterbricht. das hat eine ganz große leichtigkeit und virtuosität, das wird immer intensiver, weil hicks einen riesenberg an material da hin und her schichtet und ihm immer noch mehr kleine sachen einfallen. NAIMA ist eine unspektakuläre, aber sehr auratische version, SPEAK LOW als latin swinger ganz nett, ORIGIN dann wieder ganz originell und kraftstrotzend, mit so einem simplen polyrhthmus von muhammad; AFRICA fängt so call&response-mäßig an, kriegt dann aber eine sehr effektive modale struktur. richtig gut wird sanders eigenartigerweise aber in den eher change-lastigen stücken, hicks‘ AFTER THE MORNING oder in seiner ballade HEART TO HEART. das DUO mit muhammad (klar, interstellar space wird hier angedeutet) ist total groß, mit einem kraftmeierischen free-flow, in dem er es an einer stelle schafft, einzelne töne inzwei zu spielen, die simultan völlig verschiedene melodienketten bilden.
die session (im niederländischen monster aufgenommen) erscheint mir einfach insgesamt sehr inspiriert; die band groovt und swingt sehr selbstvergessen das material, stimmt in sich, hat einfach ausstrahlung. vor allem die kombination hicks/muhammad gefällt mir sehr, sie haben auch auf david murrays FAST LIFE später diese inspiration hingekriegt. trotzdem will das natürlich gar nicht viel mehr sein, bricht nichts auf, erforscht nichts. es stellt sich gültig in eine klare tradition, macht es sich darin aber nicht gemütlich.
mein letzter live-eindruck von sanders war 2005, mit dem charismatischen quartett orrin evans / matthew garrison (dem sohn) / vince calhoun (von living colour). das war genauso präsent und gültig. leider hat diese band nie was aufgenommen.
und à propos CREATOR HAS A MASTERPLAN – die version mit louis armstrong ist bekannt, oder? (http://destination-out.com/?p=474)
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