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Ich geh durch die Strassen
im Inneren der Stadt
und fühl mich als wär ich
grad aufgewacht
alles ist hell
und doch scheint das Leben
der Gänge und Wege
erloschen zu sein
1. Rhythmus einer großen Stadt
2. Die Stadt verwischt die Spuren
3. Du hälst das Fieber wach
4. Trotz all der Zeit
5. Die alten Gespenster
6. Ich schlag nicht mehr im selben Takt
7. Wer hierher kommt, will vor die Tür
8. Die große neue Stadt
diesmal ein ganzes album zum thema großstadt.
newsletterAls der Stummfilmer Walter Ruttmann im Jahr 1927 seinen legendären Dokumentarfilm „Berlin – Sinfonie einer Großstadt“ dreht, ist er fasziniert vom Tempo und Vielfalt des Lebens in der jungen deutschen Hauptstadt. Sein Film wird das Portrait eines Tages vom Sonnenaufgang bis tief in die Nacht; er ist zugleich das Portrait einer aufregenden Zeit.
Seit der Wende wird Berlin wieder zu dem, was es in den „Roaring Twenties“ war: ein kreatives Zentrum, ein Schmelztiegel der Milieus, eine Metropole in Bewegung, verdammt dazu, „ständig zu werden und niemals zu sein“, wie der Kritiker Alfred Kerr zu Ruttmanns Film schrieb. Grund genug für den traditionsreichen Friedrichstadtpalast, sich des neuen Berliner Lebensgefühls anzunehmen. Thomas Münstermann ist der Autor und Regisseur einer Revue, die zur „Sinfonie einer Großstadt“ ins Tanzen gerät. Einmal rund um die Uhr verfolgt er in Europas größtem Revuetheater die Geschichte einer „Liebe auf den ersten Blick“: Nach einer Spätvorstellung des Stummfilmklassikers begegnen sich die beiden Protagonisten von „Rhythmus Berlin“, Helmut und Katherine, zum ersten Mal. Für einen flüchtigen Augenblick sehen sie sich in die Augen, ebenso schnell verlieren sie sich wieder, doch das Bild des anderen lässt sie nicht mehr los. In 24 Stunden und ebenso vielen Bildern wird nun die Geschichte einer Suche in der scheinbar auf dem Kopf stehenden Stadt, wo sogar die Goldelse auf der Siegessäule tanzt, erzählt – bis zum Wiedersehen am Ausgangspunkt.Die Texte zu „Rhythmus Berlin“ schrieb Kante-Sänger und Gitarrist Peter Thiessen. „Hamburger Schule Typ macht Texte für eine Revue über Berlin am Friedrichstadtpalast – das ist auf den ersten Blick natürlich erstmal eine recht absurde Kombination“, so Peter Thiessen. „So weit weg war das für mich dann doch nicht: Das Thema Stadt hat seit ein paar Jahren einen festen Platz auf unseren Platten, Lovesongs sowieso. Und: Da wir „Die Tiere sind unruhig“ in Berlin geprobt und aufgenommen hatten, habe ich letztes Jahr fast zur Hälfte in Berlin verbracht. Wenn es in Deutschland überhaupt eine Großstadt gibt, dann ist das Berlin. Zumindest ist Berlin die Stadt, die am meisten von der Vorstellung „Großstadt“ lebt, und sei es nur als Fiktion einer Freiheit, Entgrenzung, Zügellosigkeit und Freiräume versprechenden Urbanität.“
Peter schreibt den Winter über 18 Songtexte und zu ein paar Texten auch gleich die Musik. Für die Idee, ein paar der Songs – teils mit neuer Musik – auch mit Kante aufzunehmen, muss er bei seinen Bandkollegen ein bisschen Überzeugungsarbeit leisten. Da Thomas Leboeg, der Kante-Stamm-Keyboarder, mit anderen Projekten beschäftigt ist, ist diesmal als besonderer Gast wieder Michael Mühlhaus dabei. Als es dann ohne vorherige Proben für 12 Tage ins Chez Cherie Studio in Berlin-Neukölln geht, haben die Jungs solchen Spaß, dass acht fantastische Stücke entstehen. Allesamt live aufgenommen, kaum Overdubs, wie beim letzten Album mit Produzent und Toningenieur Torsten Otto, dem es hervorragend gelungen ist, die Magie des Augenblicks einzufangen, die unbändige Spielfreude der Musiker und die Raffinesse der Arrangements, von denen man sich teilweise kaum vorstellen kann, dass sie so spontan entstanden sind.
„Kante plays Rhythmus Berlin“ ist eine Platte, der man anmerkt, wie gern und viel ihre Macher selber Musik hören, denn die Stilsicherheit, mit der sie sich durch verschiedenste Genres von Chanson über Country und Blues bis hin zur Rockballade bewegen, ist schlafwandlerisch. Die Leichtigkeit, die Kante bei den Aufnahmen zu „Die Tiere sind unruhig“ gelernt haben, haben sie beibehalten.. Das Songwriting ist einfach und klar geworden; jeder macht, was er am besten kann. Im Chez Cherie Studio funktioniert dieses Prinzip besonders gut, denn wie Sebastian Vogel, der Drummer und Percussionist von Kante erzählt, liegen dort unzählige Instrumente herum, zu denen man einfach greift und die nun dem neuen Album seinen verspielten, aber auch durchkomponierten Sound geben. Das alles klingt ganz anders als im Friedrichstadtpalast, obwohl es zum großen Teil auf denselben Songs basiert. Die Texte auf der Platte sind leicht modifiziert, um auch außerhalb des Bühnenkontextes zu funktionieren. Aber immer geht es um die Stadt, nicht nur um Berlin, sondern um die Großstadt als Inbegriff von Gleichzeitigkeit: Neben der wirtschaftlichen und politischen Macht, die sich hier ballen und dem damit einhergehenden Reichtum, existieren Armut und Trash und immer eine Anonymität und Ungebundenheit, die für manche Menschen Verlorenheit bedeutet, für andere jedoch Freiheit.
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Look out kid You're gonna get hit