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Mick67Auf dem Vorgänger „Frantic“ hatte er ja schon „It’s All Over Now Baby Blue“ gecovert, das mir sehr gut gefiel.
Jetzt hat er eine komplette Platte mit Dylan Cover nachgelegt. Ich halte sie für gelungen und kann die Verrisse nicht nachvollziehen. Wenn man Ferry sowieso nicht mag, sollte man die Finger davon lassen. Dylan’s eigene Interpretationen als Maßstab anzulegen, halte ich auch für falsch.Seitdem ich Dylan kenne, bin ich immer auf der Suche nach schönen Coverversionen. Hier werden m.E. eine ganze Menge angeboten. Der von Jan gepostete F.A.Z. Verriss ist völlig überzogen. Da scheint sich jemand durch das Album persönlich beleidigt zu fühlen.
das wirklich nettesten welches ich bisher las – über dieses Album:
Nun liegt also mit „Dylanesque“ ein neues Album mit Dylan-Songs vor, das „These Foolish Things“ geistig näher steht als etwa „Avalon“ oder „Boys & Girls“ aus der mittleren Phase seiner Karriere. Fans seiner neueren Aufnahmen – wie „As Time Goes By“, seinem 1999er Grammy-nominierten Album mit Standards aus den Dreißigerjahren, dem ruhelosen, leidenschaftlichen „Frantic“ (2002) oder den beiden Stücken, die er neulich für Hal Wilners Rogues‘ Gallery-Projekt aufnahm – werden verletzliche, inspirierte, geradezu unbekümmerte Nuancen in seiner Stimme entdeckt haben. Anlässlich seines jüngsten Werks schlenderte er ins Studio und nahm die Stücke innerhalb einer Woche auf. „Dieses Mal haben wir es einfach rausgehauen“, lacht FERRY, selbst beinahe überrascht ob seiner eigenen Effizienz. „Ich wollte weg von diesem eingeschlossenen Studio-Feeling. Wir nahmen alles live auf – die Vocals, die Harmonika.“ Mit seiner Tourband im Hintergrund spielte BRYAN FERRY um die 20 Dylan-Songs ein, von denen letztendlich 11 auf dem Album landeten. In ihrer Gesamtheit beschreiben diese Interpretationen ihre eigene emotionale Welt – einen frischen, lebendigen Ort, der gelegentlich von tiefen Schatten durchzogen wird und sich den Witterungen FERRYs eigener Stimmungen öffnet. BRYAN FERRY benutzt das Medium von Bob Dylans Songs – ihre lyrische Kraft, Sanftheit, Einsichten und bedeutungsschweren Feinheiten -, um eine musikalische Aussage zu tätigen, die teils zum Portrait von Dylan und, nicht minder wichtig, teils zum Selbstportrait gerät. Als Experte für die Musik anderer Künstler zeigt FERRY mit seiner ganz speziellen Liebe zum Blues eine tief empfundene Verantwortung für Dylans Songwriting – jenen Geschichten und Interpretationen eines Troubadours, die sich sowohl urbanen wie ländlichen Themen widmen.
„Was die Texte angeht, so war das ungefähr so, als ob sich ein Schauspieler an Shakespeare heranwagt“, erklärt FERRY. „Mir gefällt es, die Melodien herauszukitzeln, die Dylan in seinen Liedern versteckt hat. Ich setzte mich mit [Pianist] Colin Good zusammen und arbeitete die Tonart, das Tempo, das Feeling eines jeden Songs aus. Es gab keine Demos; wir haben es einfach darauf ankommen lassen. Die meisten Aufnahmen entstanden innerhalb einer Woche. Danach gingen wir ein paar Tage ins 4th Street Recording, ein funkiges altes Studio in Santa Monica, wo schon die Beach Boys aufnahmen.“ Viele von Dylans Texten beeindrucken durch ihre poetische Dichte, wobei das Format der Worte auf die raue, harte, fast geringschätzige Qualität seines ganz besonderen Gesangsstils zugeschnitten ist. In seinen Versionen lässt FERRY jedoch eine gesangliche und musikalische Atmosphäre entstehen, der er seinen ganz persönlichen künstlerischen Stempel aufgedrückt hat: die akribische Balance zwischen wehmütiger Romantik und seelenvoller Introspektive im Gegensatz zu robustem, extrem dynamischem und selbstsicherem musikalischen Können. Hinzu kommt jene einzigartige Qualität, die nur BRYAN FERRY als Sänger zu besitzen scheint: ein Hauch von Gefühl in seiner Stimme, verführerisch und lebensüberdrüssig zugleich, durchdrungen von emotionaler Präsenz und doch wunderbar kühl und distanziert, was den Worten der Songs dazu verhilft, die Türen zu einer aufregenderen Welt zu öffnen – einem Ort intensivierter Gefühle.
Ein bedeutender Teil von FERRYs Genialität beim Interpretieren der Werke seiner Kollegen liegt in der Art, wie er die Stimmungen eines Stücks intensiviert, indem er dessen ursprüngliches Grundgefühl umkehrt – wie bei „Simple Twist of Fate“, aufgenommen von Dylan als Herumtreiberhymne an die Launen des Schicksals und von FERRY unbekümmert, leicht und unwiderstehlich sicher präsentiert. Wie alle großen Coverversionen begeistert das Dylan-Album durch das Infragestellen vorgefasster Meinungen. Dylans Liebeslied „If Not For You“ verwandelt sich in einen schwelgenden Hitzenebel aus Saitenquartett und „klanglichen Anreicherungen“ aus der Trickkiste von Brian Eno. Der bittere Beigeschmack von „Positively 4th Street“ klingt dank FERRY gebrochen und verletzlich, unterstützt durch ein exquisites Saitenarrangement von The Dirty Three-Mitglied Warren Ellis, eingespielt von Anthony Pleeth, seines Zeichens klassischer Cellist und Weggefährte FERRYs. Das Album schließt mit zwei der bekanntesten Dylan-Stücke: „Knocking On Heaven’s Door“ war natürlich ein Risiko“, räumt er ein, „weil es schon so häufig von verschiedenen Künstlern gecovert wurde – aber dasselbe gilt für „Smoke Gets In Your Eyes“. „All Along The Watchtower“ war eine Verbeugung sowohl vor Hendrix wie vor Dylan. Der Hintergrundtrack entstand vor etwa acht Jahren, nur auf einer akustischen Gitarre, gespielt von Robin Trower; dazu Bass, Drums und meine Wenigkeit. Ich habe mir die Aufnahme immer wieder angesehen und gedacht: Eines Tages muss ich das zu Ende bringen.“
„Was ich sagen würde, wenn ich ihn träfe? Ich hoffe du bist nicht sauer.“
BRYAN FERRY hat Bob Dylan nie kennen gelernt.
:liebe:
und je blöder hier Ferry dargestellt wird – umsomehr gefällt mir das Album
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