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„Wilco haben eine Soft-Rock-Platte aufgenommen“, haben manche das Album zu charakterisieren versucht, aber das stimmt nicht ganz. Tatsächlich verbinden sie auf der Grundlage von Folkrock mit leichter Hand Elemente von Jazz, Prog, Blues, Pop und Country miteinander (so stand es in der RS-Kritik und so ist es auch – den Bluesrock hat die Band allerdings vergessen, zu OldBoys Verdruß ). Das erinnert immer wieder mal an die frühen 70er, ist gut abgehangen, angenehm anzuhören und kommt ohne große Gesten aus. Darin liegt eine der Qualitäten dieses Albums. Weitere sind das wunderbare Gitarrenspiel, das mir sehr gut gefällt, und natürlich Tweedys Stimme – er singt schön und ausdrucksvoll, mit „Seele“. Und die Band spielt gut zusammen.
Ich mag dieses Album mittlerweile ziemlich gern, aber anfangs hat es mich ein wenig enttäuscht. Ich wäre nämlich gerne begeistert gewesen und das war ich erst einmal nicht. Ich liebe ja den Vorgänger, A Ghost Is Born. Sky Blue Sky ist jetzt sicherlich runder, hat mich aber zunächst weniger angesprochen. Ich musste mich erst von meinen Erwartungen an Wilco verabschieden, um anerkennen zu können, dass das neue Album auf seine Art sehr gut funktioniert. Es ist das Post-Rehab-Album der Band. Als ich mich einmal schlecht und ungeliebt gefühlt habe, habe ich die Musik als sehr tröstlich erfahren – nicht nur wegen Schlüsselzeilen wie „I survived / that’s good enough for now“.
Die ersten fünf Tracks halte ich alle für sehr gut. „Impossible Germany“ ist großartig mit seinen wunderbar harmonierenden Gitarren – vielleicht ein bißchen wie die Allman Brothers im Gedenken an Elizabeth Reed. „Shake it off“ hat mir dann Schwierigkeiten gemacht. Ich halte den Track inzwischen für gelungen, aber ich habe ihn bestimmt fünfmal hören müssen bis er mir endlich gefallen hat. „Please be patient with me“ ist schlicht schön. „Hate it here“ ist auf seine Art ebenfalls gelungen (humorvoll und passend umgesetzt), bloß bin ich für „cute stuff“ nur begrenzt empfänglich. Aber es muss mich ja nicht jeder Song berühren; ein bißchen Amüsement zwischendurch ist auch in Ordnung – und das schöne „Leave me“ kommt gleich hinterher. Bei „Walken“ bleibt einem nichts anderes übrig als sich am Gitarrenspiel zu erfreuen. „What Light“ ist auf eine sehr konventionelle Weise schön und leider mit Selbsthilfetherapiegruppenlyrics versehen, die ich nicht gut finden kann. Dafür entschädigt aber „On and On and On“. Das ist wohl mein Lieblingstrack auf diesem Album: berührend, intensiv und großartig.
Alles in allem ist Sky Blue Sky für mich kein Meisterwerk, aber ein sehr sehr schönes Album. * * * *
Eine Besprechung der Platte aus dem Netz, die mir gefällt, ist die von Michael Metivier.
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To Hell with Poverty