Re: Schlechte Klangqualität bei Wiederveröffentlichungen?

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macclaus

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Ah Um@ MacClaus

Wenn ich dich recht verstehe, dann kritisierst du v.a. die Pegelanhebung und die damit verbunene Dynamikkompression. Wenn man davon einmal absieht: Findest du die jüngeren Remaster auch im Übrigen schlechter als die aus den 80ern?

Ich selbst besitze fast keine Aufnahmen in unterschiedlichen Remaster-Versionen, weil ich mein Geld lieber für Musik ausgebe, die ich noch nicht kenne. Allgemein finde ich jedoch durchaus, dass die neueren Remasters die älteren fast immer in sämtlichen „audiophilen“ Kategorien übereffen: mehr Details, mehr Raum, klarere Abgrenzung der einzelnen Schallereignisse, natürlichere Klangfarben, homogenere Stimmen, mehr Tiefbass etc.

Die Dymanikkompression ist natürlich ein Problem und Audiophilen verständlicherweise ein Dorn im Auge (bzw. Ohr). Aber ich konnte bisher nicht feststellen, dass sie auf neueren Remasters geradezu flächendeckend eingesetzt würde. Bei Remasters hat sie selbstverständlich nichts zu suchen.

Bei heutigen Aufnahmen im Rock/Pop-Bereich ist das natürlich anders. Die Dynamikkompression ist mittlerweile ein fester Bestandteil des modernen Rocksounds. Man muss sie womöglich sogar als Stilmittel bei der Klanggestaltung begreifen, so wie man auch die Nahmikrofonierung trotz oder wegen der unnatürlichen Effekte einsetzt, obwohl sie der reinen audiophilen Lehre widerspricht. In den 70er-Jahren fand man einen allzu knalligen Drum-Sound auch als unschön und hat die Schlagzeuge bedämpft. Das Ergebnis ist ebenfalls ein Dynamikverslust. So hat eben jede Zeit ihre Moden.

Kompression war schon immer ein Bestandteil der Aufnahmetechnik, anderenfalls wäre ein Transfer auf Schallplatte/CD gar nicht möglich.

Wann dieser Loudness-War genau angefangen hat, weiß ich nicht genau, aber geht schon einige Jahre. Anfangs wurden Remaster meist ohne zusätzliche Pegelanhebung/Komprimierung überspielt – diese Überspielungen wurden allgemein als leblos charakterisiert. Heute werden 95% der gesamten Rockproduktionen auf diese Weise produziert. Die Gründe dafür sind vielschichtig und möchte explizit auch nicht darauf groß eingehen… oberflächlich klingt es im ersten Moment besser, aber dann merkt man schnell was das für ein Schrott ist. In div. Zeitschriften werden Remaster in den Himmel gelobt, obwohl sie nachweislich schlechter sind…. da wird im Schnelldurchgang die CD angehört… vielleicht mit der letzten Version verglichen, aber das war es dann auch schon. Speziell, wenn ich die Reviews im Rolling Stone oder Stereo eines gewissen Herrn Redakteur S. lese, der des öfteren mit der klanglichen Beurteilung daneben liegt!!!

Waveform von John Mayall’s Bluesbreakers „All your Love“ Original London CD: http://www.stevehoffman.tv/forums/showpost.php?p=2196764&postcount=46

Waveform von der Deluxe Edition 2006: http://www.stevehoffman.tv/forums/showpost.php?p=2196842&postcount=50

Bei der zweiten Waveform sieht man wie das Remaster „maximised“ wurde….

oder noch ein Beispiel… Huey Lewis‘ Sports. Zuerst MFSL Remaster aus den 80ern und dann das aktuelle Capitol „Expanded Edition“ Remaster:

http://home.comcast.net/~captaincasual/Huey_Lewis.mp3 Letzters ist auf meiner Liste der schlechtesten Remaster aller Zeiten!!!

Grundsätzlich sind nahezu alle neueren Remaster gegenüber den früheren Remastern aus den 80er schlechter…. Backkatalog von Beach Boys, Genesis, Iron Maiden, Journey, Ozzy Osbourne, Pink Floyd, Queen, Yes etc. Ausnahmen gibt es nur wenige…. The Byrds, Simon & Garfunkel, Paul Simon o. Nick Drake.

Fazit: die teils hervorragende Klangkultur, angefangen in den 50ern bis zu den 80ern, gibt es in dieser Form nicht mehr. Wirklich guten Klang bekommt man nur in Ausnahmen oder von wenigen audiophilen Labels, die sich die Mühe machen die Original Tapes zu besorgen und dazu ihr technisches Handwerk verstehen.

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