Re: Mikkos Album des Monats

#5347151  | PERMALINK

mikko
Moderator
Moderator / Juontaja

Registriert seit: 15.02.2004

Beiträge: 34,399

The Grip Weeds – How I Won The War (LP/CD, Jem Recordings)

Besetzung:

Kurt Reil – vocals, drums, guitars, lapsteel, keyboards
Kristin Pinell – guitars, vocals, flute, electric sitar, lapsteel
Rick Reil – vocals, guitars, electric sitar, keyboards
Dave DeSantis – bass guitars

Trackliste:

How I Won The War
Rise Up
Follow Me Blind
Life Saver
Other Side Of Your Heart
See Yourself
Vanish

Sounder (instrumental)
Force Of Nature
Crossfire (instrumental)
Heaven And Earth
Over And Over
Rainbow Quartz
Truce (instrumental)
Lead Me To It
Aka Victory
The Inner Light

“How I Won The War” hieß ein Film von Richard Lester aus dem Jahr 1968. Eine Satire auf den Krieg, und John Lennon spielte darin den Musketeer Gripweed. Der Film war nicht sonderlich erfolgreich, und ich muss gestehen, ich habe ihn nie gesehen. The Grip Weeds aus New York City via New Jersey sind große John Lennon Fans. Nicht von ungefähr haben sie sich 1988 bei ihrer Gründung diesen Bandnamen gegeben. Und nun heißt ihr neues, ihr sechstes Album auch noch „How I Won The War“. Obwohl die Band so lange aktiv ist und auch regelmäßig live spielt – vor allem in den USA natürlich, aber auch in Europa waren sie schon mehrfach – also trotz dieser durchaus regelmäßigen und auch recht effektiven Aktivitäten, sind alle vier Musiker/innen auch noch in anderen Berufen tätig, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Und zumindest Rick hat, wie ich weiß, auch noch eine Familie zu ernähren. Die Besetzung der Band ist bis auf die Stelle des Bassisten seit 22 Jahren stabil. Am Bass wurde immer mal wieder gewechselt, und der aktuelle Bassist Dave DeSantis ist hier auf dieser LP zum ersten Mal zu hören, wenn wir von der 2012 erschienenen Live LP der Band mal absehen. Ich selbst habe die Karriere der Grip Weeds seit 1993 verfolgt, und ich war sogar zeitweilig intensiv involviert. Ihre zweite und dritte 7“ sowie die Vinylversionen der ersten beiden Alben erschienen auf Twang! Ihre Tour durch Deutschland und Österreich 1994 im Herbst habe ich organisiert und begleitet. Aber kommen wir zu der neuen LP und der Musik, die darauf zu hören ist. Das Titelstück „How I Won The War“ beginnt mit entfernten Schlachtgeräuschen wie Maschinengewehrfeuer und Explosionen. Die einsetzenden Gitarren klingen zunächst ebenfalls nach tieffliegenden Abfangjägern und Luftschutzsirenen. Der Song, mehr Power Pop als Acid Rock, steht ganz in der Tradition von The Who, aber auch The Moody Blues. Beides Bands, auf deren Musik aus den späten Sixties und frühen Seventies sich der Sound der Grip Weeds schon immer bezog. Während die ersten beiden Tracks eher kräftiger, beinahe aggressiver Rock sind, wirkt „Follow Me Blind“ trotz ebenfalls treibender kraftvoller Rhythmussektion lässiger und sogar ein wenig wie Pop Art. „Life Saver“ ist dann wieder ein typischer Power Pop Track der auch von Bands wie The Smithereens oder Cheap Trick sein könnte. „The Other Side Of Your Heart“ danach hat so etwas Schwelgerisches, das an The Moody Blues aber auch auf gewisse Weise an Big Star erinnert. Das geht so weiter bei „See Yourself“. Tolle Harmonie Gesänge, treibender Rhythmus, starke Melodie! Und mit „Vanish“ folgt ein weiterer großartiger Power Pop Track aus der Feder des Schlagzeugers Kurt Reil. Auf der zweiten LP Seite geht es nach einem kurzen instrumentalen Zwischenspiel weiter mit „Force Of Nature“, einem weiteren Power Pop Stück von großer Kraft. Dann wieder ein Instrumental unter dem Titel „Crossfire“, das von Gitarrenduellen geprägt ist. „Heaven And Earth“ wartet auf mit Harpsichord und hymnischen Chören. Erinnert mich ein bisschen an Quadrophenia. Beim folgenden „Over And Over“ singt Kristin Pinell die Lead Vocals, und prompt evoziert der Track bei mir die Bangles. Es folgt „Rainbow Quartz“, verfasst und gesungen von Rick Reil, der schon immer für die mehr Sixties und Psych Pop inspirierten Stücke der Band verantwortlich war und ist. Schließlich eine weitere treibende hymnische Power Pop Nummer „Lead Me To It“ von Kurt mit einem wundervollen Zwischenteil von Kristin gesungen. Es ist schon erstaunlich wie nah die Band mit ihrer Musik, ihrem Sound immer haarscharf am Mainstream entlang aber doch letztlich vorbei jongliert. Nach einer Reprise des Titelsongs folgt dann schließlich der letzte Track „The Inner Light“. Ja, ganz richtig, im Original die B-Seite von „Lady Madonna“ und von George Harrison geschrieben. Die Version der Grip Weeds orientiert sich zwar locker am sehr indischen und psychedelischen Original, nimmt auch die Sitar und weitere exotische Instrumente mit, aber doch wird daraus fast ein Power Pop Track, weil hier die Drums mächtig mittreiben und der Sound insgesamt kompakter ist. Alles in allem eine tolle Platte. In den Liner Notes heißt es zum Schluss: „Our lives are filled with choices. We are all bombarded with situations both good and bad, and they challenge us to see things in either a positive or negative light. When conflicts inevitably arise, we can either let them overtake us or rise above them. It’s hard at first to forge a path towards the light and make everything we do a step in that direction. How can you win the war? – Stop fighting. *****

--

Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!