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Neil Young with Crazy Horse – Psychedelic Pill (2CD/3LP, Reprise, www.neilyoung.com)
Besetzung:
Neil Young – guitar, vocals, pump organ
Poncho Sampedro – guitar, vocals
Billy Talbot – bass, vocals
Ralph Molina – drums, vocals
Dan Greco – tambourine, bell
Trackliste:
Driftin’ Back
Psychedelic Pill
Ramada Inn
Born In Ontario
Twisted Road
She’s Always Dancing
For The Love Of Man
Walk Like A Giant
Psychedelic Pill (alt. mix)
Ich bin Neil Young Fan seit den frühen 1970er Jahren. Ok, Buffalo Springfield und Youngs erste solo LPs bekam ich erst später richtig mit. Mein Einstieg war „After The Goldrush“, das auch heute noch mein Favorit ist. Aber auch die Aufnahmen mit Crazy Horse liebte ich sofort, als ich sie zum ersten Mal hörte. Und wenn er live mit Crazy Horse kam, war ich fast immer zur Stelle. Diese Gitarrengewitter, die endlosen Improvisationen, das Feedback, dieser brodelnde Sound, das übte schon immer eine hypnotische Wirkung auf mich aus. Vor allem eben auch im Konzert. Nun hat Young ja im Lauf der Jahre nicht nur tolle Platten gemacht. Manches wirkt holzschnittartig und eher unüberlegt und roh. Anderes ist zu verplant oder einfach nur zu introvertiert. Aber eines muss man ihm lassen, er hat sich nie um die Meinung der Plattenfirma oder der Kritiker gekümmert. Diese neue Platte mit Crazy Horse – die zweite schon dieses Jahr – ist ein völliger Anachronismus. Wer traut sich schon eine Dreifach-LP mit drei so überlangen Tracks rauszubringen? Außerhalb esoterischer Prog Rock Zirkel eigentlich niemand. Und wem gelingt es darüber hinaus, so eine Platte mit einem fast 28-minütigen „Driftin’ Back“ zu eröffnen, so vollkommen selbstverständlich und letztlich überzeugend? Ja, man driftet zurück mit ihm all die Jahre und Jahrzehnte und fühlt sich dabei gut, richtig gut. Der Titeltrack „Psychedelic Pill“ ist eine wunderbare Acid Rock Nummer mit unglaublich dick aufgetragenem Phasing auf den Drums und Gitarren. Für Leute, die es lieber pur haben, gibt es einen alternativen Mix ganz am Ende der CD 2. Ob der auch auf dem Vinyl ist, kann ich noch nicht sagen. Bei aller Sound Präsenz und Wucht, die Songs sind ebenfalls großartig wie das leicht melancholische „Ramada Inn“ zum Beispiel. Auch dieser Track über 16 Minuten lang und nicht eine Sekunde zu viel! Natürlich bedient sich Neil aus seinem eigenen reichhaltigen Backkatalog. Das eine oder andere Riff klingt doch recht vertraut. Aber warum auch nicht? Sich an die besten eigenen Werke zu erinnern, muss ja nicht falsch sein. Neils Songs beschäftigen sich mit der Vergangenheit, mit dem Altern. In „Born In Ontario“, einem wunderbaren Country Rocker, geht er sogar bis zu seinen frühesten Wurzeln zurück, die musikalisch allerdings eigentlich ja eher bei der britischen Gitarren Legende The Shadows zu suchen sind. In „Twisted Road“ erweist er Bob Dylan und The Grateful Dead seine Referenz. „She’s Always Dancing“ erinnert dann an das „Cinnamon Girl“, eigentlich schon gar nicht mehr überraschenderweise. Auch so eine Nummer, bei der man das Gefühl hat, die Band spielt einfach intuitiv drauf los, die Wendungen und Improvisationen ergeben sich ganz automatisch aus der jahrelangen tiefen Vertrautheit der Musiker. „For The Love Of Man“ fällt dann als Folk Ballade im Stil von Harvest ein bisschen aus dem Rahmen. Typisch Neil Young ist es trotzdem. Höhepunkt und Finale zugleich ist dann „Walk Like A Giant“. Dieser Track von über 16 Minuten fasst noch mal alles zusammen, was Neil als Eigenbrötler und Ikone geleistet hat. Und zugleich macht er deutlich, warum der Mann auch bei nachfolgenden Generationen von Musikern und Musik Fans ungebrochene Anerkennung genießt. Ich schließe die Augen und bin mitten drin in der Musik, im Konzert, in der Performance. Unglaublich intensiv! Unglaublich mitreissend! Absolut gigantisch eben! ****1/2
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